Österreicher gehen viel früher in Pension, als sie eigentlich sollten. | Experte Münz für "faires Bonus- Malus-System". | Wien. Bis Jahresende will Sozialminister Rudolf Hundstorfer eine Pensionsreform auf die Beine stellen. Neben der Hacklerpension muss sich die Regierung auch über die Frage Gedanken machen, wie das tatsächliche Antrittsalter näher an das gesetzliche herangeführt werden kann. Denn derzeit gehen Österreichs Männer durchschnittlich mit 58,9 Jahren in Pension, Frauen mit 57,9 Jahren - das gesetzliche Antrittsalter liegt bei 65 beziehungsweise 60 Jahren.
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Der wahlkämpfende Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl hat zuletzt mit dem Ruf nach drastischen Erhöhungen der Zu- und Abschläge für Aufregung gesorgt. Wer vor dem gesetzlichen Antrittsalter ins Pension geht, soll demnach mit Abschlägen von zehn bis zwölf Prozent pro Jahr bestraft werden; wer später geht, mit Zuschlägen in derselben Höhe belohnt werden. Ein ähnliches Modell - allerdings mit Zu- und Abschlägen von sechs Prozent - schlägt der ÖVP-Seniorenbund vor, während sich der Chef des SPÖ-Pensionistenverbands Karl Blecha wie auch Hundstorfer selbst dezidiert gegen "pauschale Abschlagserhöhungen" aussprechen. Derzeit liegen die Abschläge bei 4,2 Prozent pro Jahr plus 2,1 Prozent für die Korridorpension.
Ein "Bonus-Malus-System, das fair ist", hält auch der Bevölkerungswissenschafter Rainer Münz für sinnvoll. Er plädiert gegenüber der "Wiener Zeitung" dafür, das gesetzliche Pensionsalter aufzuheben und stattdessen ein Richtalter von beispielsweise 65 Jahren einzuführen. Die jeweiligen Zu- und Abschläge müssten nach versicherungsmathematischen Kriterien - je nach Berufsgruppe und Geschlecht - festgelegt werden. Rein theoretisch müssten etwa Frauen später abschlagsfrei in Pension gehen, weil sie länger leben als Männer.
Reformbedarf beiInvaliditätspension
IHS-Pensionsexperte Ulrich Schuh spricht sich ebenfalls für höhere Abschläge aus. Allerdings könne man damit nur die "finanzielle Schieflage des Pensionssystems in den Griff bekommen", nicht aber das Antrittsalter. Denn die Möglichkeit, in Pension zu gehen, werde unabhängig von der Höhe der Abschläge in Anspruch genommen. Vielmehr müssten die Möglichkeiten, früher in Pension zu gehen, abgebaut werden. Neben der Hackler- sieht Schuh vor allem bei der Invaliditätspension Reformbedarf. Während es in Österreich nur die Alternative "fähig oder unfähig" gebe, würden sich andere Länder bemühen, Beeinträchtigte wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die finanzielle Unterstützung werde etwa über die Arbeitslosen- und nicht über die Pensionsversicherung geregelt.
Von einer Auslagerung der Invaliditätspension will man im Sozialministerium nichts wissen. "Wenn sie einen schweren Unfall hatten, hat es wenig Sinn, sie im Arbeitsmarkt zu halten", heißt es aus Hundstorfers Büro. Außerdem wolle man ohnehin stärker auf Rehabilitation setzen. Generell gebe es "noch viel Gesprächsbedarf" in Sachen Pensionsreform. Hundstorfer sei aber zuversichtlich, seine selbstgesetzte Frist einhalten zu können.