Studie: Österreicher sind trotz Wissens um Pensionsproblematik Vorsorgemuffel.
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Barcelona/Wien. Ohne Reformen droht der Finanzierung der staatlichen Pensionen über kurz oder lang die Luft auszugehen. Die Zuschüsse des Bundes zur Pensionsversicherung steigen und steigen, 2010 übertrafen sie erstmals acht Milliarden Euro. Jedes Jahr nimmt die Lebenserwartung um durchschnittlich drei Monate zu, gleichzeitig aber gehen die Österreicher sehr früh - lange vor dem gesetzlichen Antrittsalter - in Pension. Für den schuldengebeutelten und unter knappen Kassen leidenden Bund wird es immer enger.
Was verschärfend hinzukommt: Ab 2015 werden sich mehr Menschen in die Pension verabschieden, als Junge in den Arbeitsmarkt eintreten, wie es bei einem Raiffeisen-Pensionssymposium in Barcelona hieß. Und: Im Jahr 2030 wird bereits jeder dritte Österreicher älter als 60 Jahre sein.
Für den Pensionsexperten Ulrich Schuh, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts "EcoAustria", ist eine Anhebung des effektiven Pensionsantrittsalters in Etappen und somit ein längeres Arbeiten jedenfalls eines der Rezepte zur Entlastung des staatlichen Pensionssystems. Kritikern dieses Ansatzes hält er entgegen, dass Reformen, die den vorzeitigen Pensionsantritt erschweren, keineswegs auf Kosten der Beschäftigung junger Menschen gingen.
In Deutschland etwa habe sich gezeigt, dass die Erwerbsquote bei den 60- bis 64-Jährigen seit 2001 von 22,5 auf 47,5 Prozent gestiegen sei, während die Zahl arbeitsloser Jugendlicher in Summe sogar gesunken sei. Schuh kritisiert denn auch, dass es in Österreich noch immer gängige Praxis sei, ältere Semester viel zu früh aus dem Arbeitsleben zu drängen.
Pensionslücke wird größer
Schuh, der vorige Woche vor diesem Hintergrund gemeinsam mit anderen Fachleuten ein Pensionsreform-Modell vorgestellt hat (die "Wiener Zeitung" berichtete), betont zudem die Notwendigkeit privaten und betrieblichen Vorsorgens. Die nimmt aus seiner Sicht "dramatisch zu".
"Die Lücke zwischen aktivem Erwerbseinkommen und Renteneinkommen in der Pension wird tendenziell immer größer", bestätigt Klaus Pekarek, Chef der Raiffeisen-Versicherung. Dieses Problem ist zwei Dritteln der Jungen zwar bewusst, wie aus einer aktuellen Umfrage des Karmasin-Motivforschungsinstituts hervorgeht. Trotzdem wird laut Pekarek privat zu wenig vorgesorgt - zumeist deshalb, weil die Mehrheit der Österreicher fälschlich glaubt, dass einige wenige Jahre Laufzeit und ein geringer monatlicher Beitrag für eine Pensionsvorsorge ausreichen. Studienautorin Sophie Karmasin sieht daher für die heimischen Versicherer "hohes Aufklärungspotenzial" - so auch, wenn es darum geht, die Unterschiede zwischen Sparbuch und Lebensversicherung aufzuzeigen, die in großen Teilen der Bevölkerung - kurios, aber wahr - als gleichwertige Vorsorge-Instrumente eingestuft werden.
"Österreich hat in Sachen Pensionsvorsorge noch viel aufzuholen", so Pekarek. Derzeit werden nur 2,3 Prozent des BIP für Lebensversicherungen ausgegeben, während es im westeuropäischen Durchschnitt 4,1 Prozent sind.