WKO: Wer länger aktiv bleibt, soll mehr Lohn erhalten. | "Zuckerl" auch für Arbeitgeber. | Sozialminister signalisiert Interesse. | Alpbach. Die Kosten der Finanzkrise seien ein Klacks gegenüber dem, was den europäischen Staaten angesichts der Pensionen droht. Das meint zumindest der Ökonom des Internationalen Währungsfonds, Leslie Lipschitz, beim Europäischen Forum Alpbach. Das Verhältnis zwischen arbeitender Bevölkerung und jener im Ruhestand werde sich künftig gefährlich verschieben.
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Besonders Österreich gilt als Sorgenkind. Anfang der 1970er Jahre ist man in Österreich im Schnitt mit 62 Jahren in Pension gegangen. "Aber seit zwei Jahrzehnten liegt das heimische Durchschnittsalter bei 58 Jahren. Und das bei ständig steigender Lebenserwartung", unterstreicht Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl die Dringlichkeit. In Schweden oder in Deutschland liege das durchschnittliche Rentenalter hingegen über 60.
Die Wirtschaftskammer schlägt nun ein neues Modell vor, das allein auf Anreizen basiert, "für Menschen, die ihre Pensionsberechtigung erreicht haben, aber trotzdem gerne weiter arbeiten würden", so Leitl.
Falls sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber einigen, das Dienstverhältnis fortzusetzen, soll die Pensionsversicherung davon in Kenntnis gesetzt werden. Für den Verlängerungszeitraum - seien es zwei oder fünf Jahre - soll nun der Pensionsversicherungsträger dem Arbeitnehmer 25 Prozent seiner theoretischen Pension als Lohnzuschuss auszahlen. Weitere 25 Prozent dieser Pension verbleiben beim Arbeitgeber als Lohnunterstützung. Und die Pensionsversicherung erspart sich für den Zeitraum der Weiterbeschäftigung 50 Prozent der sonst auszuzahlenden Pension.
Bei einer Pension von 1000 Euro würde der Beschäftigte also 250 Euro Zuschlag auf den Lohn erhalten, der Arbeitgeber bekommt dieselbe Summe als Lohnunterstützung. 500 Euro bleiben bei der Pensionsversicherung.
Ausbau desschwedischen Modells
Durch den höheren Bruttolohn steige auch der Pensionsanspruch des Arbeitnehmers, der später realisiert wird. "Ich sehe es als einen Ausbau des schwedischen Modells. Da bekommen Arbeitnehmer, die länger arbeiten, einen deutlich höheren Pensionsanspruch. Allerdings ist das zu weit weg. Bei unserem Modell ist die Karotte für den Arbeitnehmer viel näher, da der Lohn bereits aktuell erhöht wird", erklärt Leitl.
Die Wirtschaftskammer hat ein Potenzial von bis zu 5 Milliarden Euro errechnet, die sich der Staat (der Vorschlag gilt nur für ASVG-Pensionen) so jährlich sparen könnte.
Sozialminister Rudolf Hundstorfer hat laut Leitl Interesse an diesem WKO-Vorschlag bekundet. Wie viele Personen durch dieses Anreiz-System länger arbeiten würden, getraut sich Leitl allerdings nicht abschätzen. "Wir werden allerdings wohl nicht einen Durchschnitt von 65 Jahren zustande bringen", meint der WKO-Präsident.
Als "Minderheitenprogramm" bezeichnet Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) den Leitl-Vorschlag. Vorrangig sei vielmehr die Anhebung des niedrigen faktischen Pensionsantrittsalters.
Zur Migrationsdebatte am Arbeitsmarkt sagt Leitl, dass Österreich zuerst das heimische Potenzial ausschöpfen müsse. Auf sonst anfallende Diskussionen wolle er sich gar nicht einlassen. "Wir wissen alle, wie diese aussehen", spielt er auf die heimische Reserviertheit gegenüber Ausländern an.