Indigene Völker haben keinen Sitz in der UNO, dazu müssten sie von allen anderen Mitgliedern als Mitglieder anerkannt werden, was zur Zeit noch sehr unwahrscheinlich ist. Seit kurzem haben Indigene allerdings ein "Permanentes Forum" für ihre Anliegen (Permanent Forum on Indigenous Issues) bei der UNO in New York. Für viele ist das ein historischer Schritt, doch andere warnen vor den Gefahren. So auch die TeilnehmerInnen des jährlichen Arbeitskreises der indigenen Völker im Rahmen der UNO, der letzte Woche zum 20. Mal in Genf stattfand. Sie fürchten unter anderem um die Existenz des Arbeitskreises und die Beeinflussbarkeit des Forums.
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"Wir werden es nicht zulassen, dass sie uns vertreiben", sagt Lance Henson ein Cheyenne aus den USA im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" über den Arbeitskreis der indigenen Völker in Genf. Für ihn, wie auch für hunderte andere Indigene aus der ganzen Welt - unter anderen die Indianer Amerikas, die Aboriginals Australiens, die Maori Neuseelands und die Igorot der Philippinen - ist diese Arbeitsgruppe seit 20 Jahren ein wichtiger Treffpunkt, um sich miteinander auszutauschen, aber vor allem auch, um gemeinsame Grundsätze zu formulieren und zu veröffentlichen.
"Seit 1982 hat die Arbeitsgruppe für indigene Völker mehrere Studien und den Entwurf einer ,Universellen Deklaration der Rechte Indigener Völker' initiiert". Diese habe die Gesetzgebung zahlreicher Länder positiv beeinflusst, fasst die Schweizer Organisation für indigene Völker, Incomindios, den Erfolg der Arbeitsgruppe zusammen. Das Hauptargument für die Beibehaltung der Arbeitsgruppe neben dem permanenten Forum sei vor allem die Tatsache, dass das Forum nur eine beratende, informierende und koordinierende Funktion in den UNO-Gremien wahrnehmen könne. Das bedeute auch, dass die Vorschläge leicht in Bürokratie versinken könnten, so Henson.
"Wir wissen nicht, was die Vertreter im permanenten Forum denken. Wir sind gebrannte Kinder. Hinter uns zieht sich eine Spur aus gebrochenen Verträgen", fasst der indigene Autor das über lange Zeit gewachsene Misstrauen Indigener zusammen. "Es ist leicht möglich, dass die indigenen VertreterInnen im Forum von den Nationalstaaten zu bestimmten Entscheidungen gedrängt werden."
Ein weiterer großer Nachteil des permanenten Forums, das sich heuer vom 13. bis 24. Mai erstmals in New York traf, ist laut Henson der Standort. "Alles, was in Amerika stattfindet, bekommt unweigerlich die Prägung der USA aufgedrückt". Nur in Europa, wie etwa in Genf, hätten die indigenen Gruppen die Möglichkeit, Kontakte mit den zahlreichen europäischen Unterstützerorganisationen zu pflegen.
Wie Incomindios bestätigt, habe es beim ersten Zusammentreffen des permanenten Forums auch Probleme mit einigen Visa gegeben. Einige Delegationen erhielten keine Einreisegenehmigung, oder konnten das Geld für das Visum nicht aufbringen.
Beim 20. Treffen der Arbeitsgruppe in Genf zeigten die über 600 Delegierten aber vor allem auch die noch immer anhaltende Diskriminierung von Indigenen auf.
Das permanente Forum - Von der Idee zur Umsetzung
1923 war der Cayuga Chief Deskaheh in die Schweiz gereist, um beim Völkerbund, der sich damals gerade formierte, vorzusprechen. Er wurde abgewiesen, füllte dafür aber Hallen in ganz Europa mit seinen Erzählungen von der Welt der Indianer und deren Problemen. 1977 fand dann die erste UNO-Konferenz über Indigene statt. Aber erst im Mai dieses Jahres wurde ein permanentes Forum für die Anliegen Indigener eingerichtet.
Das Forum wurde in einer Sitzung des Wirtschafts- und Sozialrats (ECOSOC) der UNO im Jahr 2000 geschaffen auf Antrag der UN-Menschenrechtskommission - die USA und Kanada hatten sich dagegen ausgesprochen. Das Forum berichtet direct dem ECOSOC und berät diesen auch.
Zum ersten Vorsitzenden des Forums - für ein Jahr - wurde Ole Henrik Magga von den Saami, die in Norwegen, Finnland, Schweden und Russland leben, gewählt. "Ihr habt jetzt ein Heim in der UNO", begrüßte UN-Generalsekretär Kofi Annan die Delegierten.
Insgesamt besteht das Forum aus 16 indigenen Experten, von denen acht vom Präsidenten des ECOSOC ernannt werden, aus Vorschlägen von einigen regionalen Gruppen und indigenen Organisationen, die anderen acht Mitglieder werden von den Regierungen aufgestellt und werden vom ECOSOC gewählt. Ihre Amtsperiode beträgt drei Jahren. Unter den ersten gewählten Vorsitzenden ist nur ein von einer Regierung entsandter.
Zwei Hauptthemen der ersten Sitzung waren die Forderung der Anerkennung von Gemeinschaftseigentum und das Recht, über die Weitergabe von traditionellem Wissen zu entscheiden - das Recht auf Selbstbestimmung.
Dieses Jahr nahmen etwa 900 VertreterInnen diverser indigener Gruppen und andere BeobachterInnen teil. "Ein Traum wird wahr", sagte Armand McKenzie von den Innu aus Quebec und Labrador. "Ich war bei der Welt-Menschenrechtskonferenz in Wien 1993, als die Idee eines Permanenten Forums für Indigene Völker aufgekommen ist. Jetzt stehe ich hier und es ist umgesetzt."
Was das Forum bewirken kann, wird sich in den nächsten drei Jahren zeigen, dann soll die Übergangsphase beendet und das Forum fix eingerichtet werden.