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Langsam wächst die Konjunktur

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

1,9 Prozent BIP-Wachstum bis 2022. USA sind Unsicherheitsfaktor.


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Wien. Die gute Nachricht ist, dass die Konjunktur weiterhin brummt. Die nicht ganz so gute: Sie brummt ab dem nächsten Jahr etwas leiser. Nach Einschätzungen des Instituts für Höhere Studien (IHS), wird die heimische Wirtschaft bis 2022 jährlich um 1,9 Prozent wachsen. Das ist mehr als die 1,3 Prozent in den vergangenen fünf Jahren. Aber auch weit entfernt von den 2,9 Prozent BIP-Wachstum, die das IHS für heuer erwartet.

Haupttreiber des Wachstums sind der private Konsum und die Exporte. Bei Ersterem erwarten die Experten einen durchschnittlichen Anstieg um 1,5 Prozent. Der Außenhandel soll um 3,75 wachsen.

Handelskrieg könnte dämpfen

Was den Außenhandel und damit die heimische Wirtschaftsentwicklung anbelangt, gibt es aber zwei Faktoren, die Österreich unter Umständen hart treffen könnten. Es ist noch ungewiss, wie die Brexit-Verhandlungen ausgehen. Sollte es ein harter Ausstieg Großbritanniens aus der EU werden und wieder Handelszölle eingeführt werden, treffen diese auch heimische Betriebe die dorthin exportieren.

Die größere Unbekannte ist der Handelskrieg zwischen den USA und China und die US-Zölle auf EU-Waren. Das ist derzeit ein großer Unsicherheitsfaktor, sagt Susanne Schrott von der Wirtschaftskammer. Heimische Betriebe seien direkt und indirekt von der aktuellen Zoll-Politik von Präsident Trump betroffen. Zur Erinnerung, die USA führten Handelszölle auf europäische Stahlerzeugnisse ein, im Laufe des Sommers sollen auch Zölle auf KfZ-Produkte folgen. Diese würden vor allem heimische Zulieferbetriebe der deutschen Automobilindustrie treffen. "Wir betrachten diese Entwicklung schon mit Sorge", erklärt Schrott im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Vom Handelskrieg zwischen China und den USA seien vor allem Betriebe betroffen, die in diesen Ländern ansässig sind.

"Wir sehen in den Prognosen, dass sich der Güterhandel ohnehin abschwächt, denn die Hochkonjunktur geht ihrem Ende zu. Der Handelskrieg und die Einführung von Zöllen könnten diesen Effekt verstärken", erklärt die Chefökonomin der Nationalbank, Doris Ritzberger-Grünwald. Sie erwartet allerdings keine allzu harten Konsequenzen für die heimische Wirtschaft.

In der gerade erst überstandenen Wirtschaftskrise sei die Unsicherheit der Unternehmen eine erhebliche Wachstumsbremse gewesen. Firmen hätten aus Angst vor einem unsicheren Umfeld nicht mehr investiert und das wiederum hätte das BIP-Wachstum weiter gehemmt. Ritzberger-Grünwald warnt davor, dass der Handelskrieg und immer neue Handelsschranken diese Unsicherheit bei heimischen Betrieben wieder wecken könnte.

Sollte es zu keiner weiteren Eskalation der Handelskonflikte kommen, soll der Welthandel in den kommenden fünf Jahren im Schnitt um 3,75 Prozent wachsen. Laut IHS wird sich die Investitionsdynamik deutlich verlangsamen, rückläufig ist aber nicht. Die Anlageinvestitionen sollen um 2,25 Prozent pro Jahr zulegen, die Bauinvestitionen um 1,75. Das ist nach wie vor deutlich mehr als in den vergangenen fünf Jahren.

Was die öffentlichen Finanzen angeht, soll der heimische Haushalt bis 2020 annähernd ausgeglichen sein. Für die Jahre 2021 und 2022 könnte ein Überschuss nach Maastricht von 0,3 oder sogar 0,4 Prozent des BIP erzielt werden. Für eine substanzielle Steuerreform ist das laut den Forschern aber nicht genug.

"Im Moment sieht es nach einer relativ langen und guten Wachstumsphase aus", sagt Martin Kocher vom IHS. Dieses gute Umfeld sollte die Politik für Strukturreformen nutzen, vor allem in den Bereichen Föderalismus, Gesundheit und Pensionen, empfehlen die Experten.

"Neben der Entlastung von Bürokratie und einer strategischen Außenwirtschaft müssen wir vor allem das Potenzial der Digitalisierung voll entfalten", meint Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck zur Prognose. Man müsse die noch anhaltende Hochkonjunktur für Entlastungen für den Wirtschaftsstandort Österreich nutzen.

Inflation bei zwei Prozent

Der mehrjährige Finanzrahmen der EU für den Zeitraum 2021 bis 2027 weist eine Brexit-bedingte Budgetlücke auf. Mit Großbritannien fallen ein großer Nettozahler und damit rund zehn Milliarden Euro im EU-Budget weg. Das muss die Union nun kompensieren. Die starke Fixierung auf Nettozahlerpositionen in den Budgetverhandlungen verhindere allerdings einen rationalen Diskurs über eine effiziente Aufgabenzuweisung an die EU.

Indes hat die Inflation im Juni wieder einen Wert von zwei Prozent erreicht. Der größte Preistreiber waren die Spritpreise mit einem satten Plus von 14,3 Prozent. Der tägliche Einkauf wurde laut Statistik Austria um 3,3 Prozent teurer, der wöchentliche um 5,5. Die Wohnungsmieten sind im Jahresabstand um 3,6 Prozent teurer. Anlässlich dieser Entwicklung forderte die Arbeiterkammer eine Mietrechtsreform und eine Obergrenze für Mieten.

Billiger wurden hingegen Städteflüge, und zwar um ein Drittel, Brillengläser (Minus 13,8 Prozent) und Mobiltelefongeräte (Minus 11,4 Prozent). Im Monatsabstand waren die Ausgaben für Freizeit und Kultur die Hauptpreistreiber, was in der Sommersaison nicht ungewöhnlich ist. Pauschalreisen wurden zum Beispiel um zehn Prozent teurer. Schuhe und Bekleidung wiederum wurde günstiger.