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Langsam zueinander finden

Von David Ignatius

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Der Autor war Chefredakteur der "International Herald Tribune". Seine Kolumne erscheint auch in der "Washington Post".

Jene, die für einen Dialog der USA mit dem Iran sind, dürfen sich keinen schnellen Erfolg erwarten - betonte Langsamkeit ist das Gebot der Stunde in der US-Regierung.


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Wenn man US-Regierungsbeamte fragt, auf wen Präsident Barack Obama in Sachen Iran hört, bekommt man einen interessanten Namen zu hören: Lee Hamilton, früherer Kongress-Abgeordneter aus Indiana und einer der Vorsitzenden der "Iraq Study Group", die auf Gespräche mit dem Iran drängte. Also habe ich Hamilton angerufen, im Woodrow Wilson International Center, das er leitet, um ihm ein paar Fragen über mögliche Kontakte zu Teheran zu stellen. Die interessanten Antworten, die ich dabei erhalten habe, decken sich - wohl nicht zufällig - mit dem, was man aus US-Regierungskreisen hört.

Rasche Durchbrüche dürfe man sich nicht erwarten, sagt Hamilton. Er empfiehlt "ein geduldig-beharrliches Vorgehen", ähnlich der Langzeitdiplomatie gegenüber der früheren Sowjetunion: "Die unter uns, die für einen Dialog mit den Iranern sind, dürfen sich keinen schnellen Erfolg erwarten." Auch Regierungsbeamte betonen die Notwendigkeit einer langsamen Annäherung.

Die US-Regierung hat bereits mit der Überprüfung der bisherigen Iran-Politik begonnen - ja, Obamas Team liebt sie, die "Überprüfungen". Bevor das nicht erledigt wurde, sagte mir ein Regierungsbeamter, sei es "zu früh, um über Gespräche zu sprechen oder über Vorgespräche oder Gesandte". Apropos Gesandte: Vor kurzem habe ich in dieser Kolumne darüber geschrieben, dass die früheren nationalen Sicherheitsberater Brent Scowcroft und Zbigniew Brzezinski ausgezeichnete Iran-Gesandte wären - fügen Sie Hamilton dieser Liste hinzu.

Die Ausgangspunkte für US-iranische Gespräche sind laut Hamilton, die Iraner respektvoll zu behandeln, nach einem breiten Spektrum an Gesprächsmöglichkeiten über ein breites Spektrum an Themen Ausschau zu halten, Irans Sicherheitsbedenken ernst zu nehmen und sein Recht auf zivile Nutzung der Atomkraft. Laut Hamilton hat Obama bereits signalisiert, dass er solche Gespräche wolle - ohne Vorbedingungen.

Wie könnte man solche Kontakte beginnen? Geheimgespräche, so Hamilton, könnten der erste Schritt sein: Man würde eine Aufstellung der Gesprächspunkte erarbeiten und den Iranern bestätigen, dass die USA bereit sind, eine breite Palette an Themen zu besprechen, nicht nur Afghanistan oder Irak oder Atomwaffen. "So etwas beginnt nicht damit, dass Präsident Obama Präsident Ahmadinejad oder Religionsführer Ayatollah Ali Khamenei anruft. Zuerst muss man daran arbeiten, die Gesprächspunkte festzulegen."

Laut einem Europäer, der regelmäßig mit der iranischen Regierung spricht, will auch Teheran die Sache langsam angehen. Der Iran möchte ein breites Spektrum an Themen besprechen, keinesfalls nur herausgepickte Einzelthemen.

Auf "Zuckerbrot und Peitsche", ein Lieblingsmotto von Ex-Präsident George W. Bush, das die Iraner gar nicht schätzten, will die neue US-Regierung verzichten. Aber auch Obama steht vor der Aufgabe, die positiven und negativen Elemente auszubalancieren: Er will Gespräche, aber wenn der Iran weiterhin die Kontrollen seines Atomprogramms durch den UN-Sicherheitsrat ablehnt, wird er nach einer Verschärfung der Sanktionen trachten. Und Obama arbeitet fleißig daran, Russland im diplomatischen Hin und Her mit dem Iran als Verbündeten auf seine Seite zu ziehen.

Hamilton stößt zum Kern des Problems vor, wenn er die drei Möglichkeiten aufzählt, die Obama angesichts des iranischen Atomprogramms hat: den Status quo akzeptieren und somit die Unvermeidlichkeit einer iranischen Atombombe; einen Militärschlag dagegen führen - oder Diplomatie, die er bevorzugt, auch wenn er den Fortschritt als "äußerst schwierig" einschätzt.