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Langwierige Ermittlungen gegen Ex-AUA-Boss Ötsch

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Staatsanwältin soll seit Monaten auf Prozessakt vom Handelsgericht warten.


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Wien."Das Wort ,sanieren‘ möchte ich nicht strapazieren, das hat schon einer meiner Vorgänger versucht", sagte AUA-Chef Jan Albrecht in einem Interview in der aktuellen Ausgabe des Magazins "Format". Albrecht spielt damit auf die Affäre um Ex-AUA-Boss Alfred Ötsch an, die in einem Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Wien (605 St 16/08d) und einem Zivilprozess am Handelsgericht Wien (13 Cg 94/08q) mündete.

Im Mittelpunkt des Ermittlungsverfahrens steht der Verdacht der Täuschung der Öffentlichkeit bzw. des Kapitalmarktes durch eine mutmaßlich unrichtige Darstellung der damaligen wirtschaftlichen Situation der nationalen Airline. Am 17. September 2008 hat der Investor Scheich Mohamed Bin Issa Al Jaber, vertreten von Rechtsanwalt Christoph Kerres, Strafanzeige gegen Ötsch erstattet und sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligter angeschlossen. Al Jaber fühlt sich von der damaligen AUA-Führung über den Tisch gezogen. Er wollte mit 150 Millionen Euro Eigenkapital bei der AUA an Bord gehen, der Vertrag wurde am 3. April 2008 unterzeichnet, doch da war die Liquiditätslage der Fluglinie schon eher prekär. Doch über diesen Umstand soll der Scheich nicht informiert worden sein. Er sprang ab.

Vor allem die Aussagen des AUA-Kapitäns Ötsch im März 2008, dass die AUA "erfolgreich saniert" sei, stehen im Zentrum des Verfahrens, das sich um den Verdacht des Betrugs, der Bilanzfälschung und der Verletzung des Börsegesetzes dreht. Die Vorwürfe werden bestritten. Indes klagte die AUA den Scheich auf Vertragserfüllung und Zahlung von 156,439 Millionen Euro. Vier Jahre dauert der Prozess bereits, ein Ende ist nicht in Sicht, geschweige denn der nächste Verhandlungstermin.

Der Wiener Strafgutachter Martin Geyer hat in einer 381 Seiten starken Expertise, die seit Jänner 2011 der Anklagebehörde vorliegt, die "Jubelmeldungen" von Ötsch aufgearbeitet. "Aus Sachverständigensicht ist auszuschließen, dass die AUA als nachhaltig saniertes Unternehmen zu bezeichnen war", stellt Geyer klar. "Aufgrund der vorliegenden Unterlagen ist davon auszugehen, dass der Konzern Ende März/Anfang April 2008 mit einem erheblichen negativen Periodenergebnis und negativen Planabweichungen hätte rechnen müssen." Innerhalb des Konzerns seien die "zu hohen Budgeterwartungen bekannt" gewesen. Im Lichte dessen scheinen die Abgaben von Alfred Ötsch, die in einigen Presseartikeln wiedergegeben wurden, meint Geyer, "im krassen Missverhältnis zu den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen der AUA zu stehen". Zur Erinnerung: Anfang Dezember 2008 unterschrieb die Lufthansa den Übernahmevertrag der AUA und erhielt dafür später 500 Millionen Euro staatlichen Liquiditätszuschuss.

"Wären die Voraussetzungen für das Wirksamwerden der Verträge nicht rechtzeitig erfüllt worden", meint Geyer, wäre "Ende 2008 von einer Fortführung der AUA nicht mehr auszugehen" gewesen. "Wir konnten daher eine massive Insolvenzgefahr bei der AUA feststellen", fügt der Sachverständige noch an. Auch der gerichtlich bestellte Zivilgutachter Herbert Heiser kommt zum Schluss, dass "eine Stand-alone-Basis der AUA 2008 aufgrund des prognostizierten Jahresverlustes nicht mehr möglich gewesen ist und das Konzernergebnis um einen Verlust von 200 Millionen Euro zu korrigieren gewesen wäre". Das hebt auch Al Jabers Anwalt Kerres in seiner Stellungnahme zum Gutachten an das Handelsgericht Wien hervor.

Alles ganz anders?

"Es soll sich doch einmal jemand die Mühe machen, die vollständigen Aussagen von Ex-Generaldirektor Ötsch zu lesen. Aus den damaligen Statements ergibt sich eindeutig, dass die Vorwürfe zu Unrecht erhoben werden", kontert Verteidiger Elmar Kresbach im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Warum aber das Strafverfahren seit vier Jahren dahindümpelt, dafür gibt es eine Erklärung.

"Die Staatsanwältin wartet auf den Akt vom Handelsgericht, in dem viele Aussagen drinnen sind, die sie verwerten möchte, um zu schauen, welche Zeugen sie noch braucht", stellt die Staatsanwaltschaft Wien klar. "Sie wird seit Monaten immer wieder vom Handelsgericht vertröstet und erhält den Akt nicht." Das Handelsgericht gab bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme ab.