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Lasst uns den Postboten erschießen!

Von Christian Ortner

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Christian Ortner.

Zusperren, besteuern, verbieten: Österreichs Wirtschaftsvision für das 21. Jahrhundert ist Teil des Problems, nicht der Lösung.


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Dass die kalten, menschenverachtenden neoliberalen US-Ratingagenturen schuld daran sind, dass ein paar südliche EU-Staaten etwas hohe Schuldenstände haben, wissen wir ja seit einiger Zeit. Schließlich sind auch Postboten verantwortlich dafür, dass der Versandhandel säumigen Zahlern Mahnungen zustellen kann.

Eine Logik, die so überzeugend ist, dass sich ihrer neuerdings auch Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner gerne bedient. Österreich ist ja in mehreren internationalen Standortrankings merklich eingebrochen; etwa im Geschäftsklimavergleich der Weltbank, im Wettbewerbsranking des Schweizer Managementinstitutes IMD oder (auf längere Sicht) im "Technologie-Index" des Weltwirtschaftsforums.

Auch hier ist natürlich eindeutig der Postbote schuld: Nicht etwa Österreichs Standortqualität sei, so Mitterlehner jüngst, schlechter geworden, sondern die Rankings seien nicht brauchbar.

Postbote erschossen, Problem gelöst.

Es ist wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis der Wirtschaftsminister uns die Gründung eines staatlichen, also unabhängigen österreichischen Standortrankinginstitutes mitteilen wird. Damit künftig Österreich endlich Nummer eins im Standortranking ist und bleibt, unabhängig von der lästigen Wirklichkeit.

Nun sind die jüngst publizierten, wenig schmeichelhaften Rankings sicher nicht wissenschaftlich exakte Befunde. Aber sie sind durchaus ein tauglicher Indikator dafür, was Realität ist: dass Österreich auf dem Wege ist, ein eher mäßig attraktiver Standort für Unternehmen zu sein. Und dieses Problem verschwindet, entgegen einer offenbaren Annahme Mitterlehners, nicht dadurch, dass man es für nicht existent erklärt.

Verursacht wird es durch bis zum Erbrechen beschriebene Ursachen: im internationalen Vergleich viel zu hohe Steuern und Abgaben; eine zudringliche und adipöse Sozialbürokratie sowie den dichtesten und damit teuersten Subventionsdschungel der EU. Schon die bloße Beseitigung dieser drei wohlbekannten und wohldefinierten Wachstums- und Wohlstandshemmer ließe Österreich in allen Rankings nach oben schießen. Es bräuchte nur einen Hauch mehr Singapur, Hongkong oder (in manchen Aspekten) Osteuropa.

Stattdessen hat sich die hiesige Obrigkeit für eine Wirtschaftsstrategie entschlossen, die mehr an den Ostblock vor der Wende erinnert. In Wien starten die Behörden eine "Aktion scharf" gegen offenbar schwerkriminelle Lebensmittelhändler, die ihre Geschäfte ohne Angestellte am Sonntag ein paar Stunden offen halten (dass der Wirtschaftsminister sich gegen diesen Unfug gewandt hat, ist erwartungsgemäß nicht überliefert). Um hochspezialisierte internationale Spitzenkräfte anzulocken, wurde erst jüngst die extrem hohe Steuerlast noch um eine "Solidarabgabe" ergänzt (sicher ist sicher). Und wenn zu hohe Nachfrage nach bestimmten Produkten zu steigenden Preisen führt (wie beim Benzin), werden steigende Preise eben verboten. Hat ja auch im Bukarest der 1970er funktioniert.

Österreich vorzuwerfen, es hätte keine wirtschaftspolitische Vision, ist daher offenkundig ungerecht. Es ist bloß eine Vision, die Teil des Problems ist und nicht der Lösung.