Zum Hauptinhalt springen

Lasst uns diese Idee stehlen!

Von Christian Ortner

Gastkommentare
Christian Ortner.

Ein Schweizer Politiker will sein Land zum Magneten für die Digital-Vordenker dieser Welt machen. Das ginge etwas weiter im Osten genauso.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

In Österreich hat man sich mit dem betrüblichen Umstand, dass Firmen wie Facebook, Google oder Twitter hierzulande eher selten gegründet werden, mehr oder weniger abgefunden. Ist halt so, Pech gehabt. Dass sich Spitzenpolitiker aller Couleurs neuerdings als Start-up-Versteher gerieren und Begriffe wie Digitalisierung und Roboterisierung in Reden einbauen, ändert daran wenig. Auch der vor einem halben Jahr angekündigte "New Deal" hat ja noch nicht wirklich eine neue digitale Gründerzeit im Lande eingeläutet.

Da sind unsere Schweizer Nachbarn, wieder einmal, etwas munterer. "Wenn wir unseren Wohlstand behalten wollen, müssen wir jetzt handeln", erklärte der liberale Parlamentsabgeordnete Ruedi Noser in einem recht klugen Interview mit der "Neuen Zürcher Zeitung" am Weihnachtswochenende. "Die fünf größten Internetfirmen verfügen zusammen über 1000 Milliarden Franken Cash. Wenn wir nicht von Amerika und China dominiert werden wollen, wenn unsere Wertvorstellungen künftig noch eine Rolle spielen sollen in der digitalisierten und globalen Welt, müssen wir schnell etwas unternehmen. Was wir machen können - und dazu stehe ich als Liberaler -, ist, die Basisforschung massiv auszubauen."

Er hat einen Plan vorgelegt, um die Schweiz in die digitale Zukunft zu beamen. Umgerechnet 1,8 Milliarden Euro soll die Regierung in Bern in den nächsten zehn Jahren in die Hand nehmen und damit den beiden führenden Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH) ermöglichen, 100 Spitzenprofessoren aus aller Welt in die Schweiz zu locken, fünf Doktorandenstellen je Professor inbegriffen. Die Schweiz befindet sich, ebenso wie Österreich oder Deutschland, letztlich in einem Krieg um die besten Talente der Welt - und ist derzeit wie ihre Nachbarn nicht in der Lage, diesen zu gewinnen. Dabei kann sie im Gegensatz zu Österreich wenigstens mit niedrigen Einkommensteuern punkten.

"Mit so einem Institut würde man die Schweiz auf die Weltkarte bringen für Professoren vom MIT oder aus Harvard. Darüber hinaus würde ein digitales Ökosystem entstehen", argumentiert Noser. So wie in Kalifornien die auf diesem Gebiet führenden Unis in einer fruchtbaren Symbiose mit der digitalen Industrie der US-Ostküste leben und gedeihen, würde wohl auch in Europa eine geballte Ladung an Grundlagenforschung neue, erfolgreiche Konzerne entstehen lassen. Dabei geht es um nicht gerade wenige Jobs - Facebook, von Mark Zuckerberg erst im Jahr 2006 gegründet, beschäftigt heute bereits 15.000 meist gut qualifizierte Mitarbeiter. "So etwas ist auch in der Schweiz möglich", behauptet Noser.

In Österreich übrigens auch.

Deshalb wäre es vielleicht eine schlaue Idee, die Vision des liberalen Schweizer Politikers einfach zu klauen und zwei Milliarden Euro in die Hand zu nehmen, um aus einer hiesigen Universität - etwa der TU Wien - ein derartiges Kompetenzzentrum für die besten Köpfe in Sachen digitaler Transformation aus aller Welt zu machen. Das wäre, im Gegensatz zu sehr vielen anderen staatlichen Interventionen, ausnahmsweise einmal wirklich gut angelegtes Geld. Nur zum Vergleich: Zur Bewältigung der Folgen der Migrationskrise wird der Staat allein 2017 rund zwei Milliarden Euro aufwenden müssen.