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Lasst Wrabetz arbeiten!

Von Stefan Janny

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Einer der unangenehmeren Nebeneffekte, den ORF-Manager seit jeher erdulden müssen, ist der Umstand, dass sich eine hohe Zahl unzuständiger und fallweise auch nicht sonderlich kompetenter Zu rufer verpflichtet fühlen, Ratschläge, Forderungen oder Kritik betreffend die Gestaltung des Programms sowie Führung des Unternehmens zu äußern. Dass die Frequenz dieser ungefragten Beratungsleistungen in jüngster Zeit deutlich zugenommen hat, muss nicht verwundern: Österreichs öffentlich-rechtlicher Rundfunk hat - wie viele anderen Medienunternehmen - gravierende wirtschaftliche Herausforderungen zu bewältigen.


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Seit geraumer Zeit zeigt der Konsum traditioneller Medien rückläufige Tendenz, weil Internet und Computerspiele einen immer höheren Anteil am Zeitbudget der Konsumenten beanspruchen. Jetzt schlagen sich als Auswirkung der beginnenden Wirtschaftskrise deutlich sinkende Werbevolumina in Form teils rapide schrumpfender Umsätze nieder. Und jene beachtlichen Erträge, die der ORF in den vergangenen Jahren aus klugen Finanzveranlagungen lukrieren konnte, sind als Folge der Finanzkrise ebenfalls dahin.

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat getan, was von einem Manager in einer solchen Situation zu erwarten ist. Er hat die Ergebnisprognosen angesichts der geänderten Rahmenbedingungen revidiert und ein Paket mit Sparmaßnahmen, Auslagerungen und Personalabbau präsentiert. Nicht dass Wrabetz bislang fehlerfrei agiert hätte. Seine Programmreform war in wichtigen Aspekten nicht erfolgreich. Aber dass die Restrukturierungspläne von den politischen Würdenträgern zum Anlass genommen werden, den ORF-Chef mit einer Taktik der Nadelstiche zu schwächen, ist - angesichts der gesetzlich verankerten Unabhängigkeit des ORF, die unter Wrabetz erstmals seit vielen Jahren auch tatsächlich gelebt wird - nicht nur demokratiepolitisch fragwürdig, sondern auch unvernünftig. Er wäre dann zu kritisieren (und allenfalls auszutauschen) gewesen, wenn er auf die Krise nicht reagiert und kein Einsparungspaket präsentiert hätte. Daher gilt: Lasst Wrabetz arbeiten - und zwar ohne Zurufe.