Zusammentreffen der Polit-Generationen auf dem 62. Opernball.
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Wien. Kurz bricht Hektik aus. Drei Kellner stehen im 1. Rang rechts am Gang vor den vielen kleinen Logen. "Die sind ja lauwarm", zischt der ältere den Zulieferer an. Er drückt ihm die zwei Flaschen wieder in die Hand zurück. Der dritte protestiert: "Wie sollen wir das machen, wenn..." Er wird harsch unterbrochen: "In jede Loge muss mindestens eine gekühlte Flasche, schnell!"
Über den Köpfen mit Hochsteckfrisuren balancieren Kellner Würstel auf weißen Pappkartons. Sektgläser werden gereicht. Auffallend ist, dass bei der Kleiderwahl heuer die Farbe Schwarz dominiert. Die mal mehr, mal weniger bekannten Gäste stehen in Grüppchen vor ihren Logen oder schwingen das Tanzbein am Parkett im Festsaal. Der 62. Wiener Opernball am Donnerstag in der Staatsoper ist in vollem Gange.
Die Regierungsloge bietet einen neuen Anblick: Allen voran sitzt Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der sich sichtlich wohlfühlt. Dem Staatstragenden samt Fanfarenbegrüßung setzt er eine gewisse Leichtigkeit entgegen. Im Takt der Musik trommelt er mit seinen Fingern auf das Geländer, zieht im Rhythmus die Schultern hoch und schließt beim Gesang der moldawischen Sopranistin Valentina Nafornita kurz die Augen. Nicht ganz so locker geben sich Bundeskanzler Sebastian Kurz und Medienminister Gernot Blümel in der ersten Reihe. Blümels ernster Blick wirkt distanziert. Kurz beugt sich immer wieder zu Van der Bellen hinüber und macht den Anschein, an seiner Lockerheit mitnaschen zu wollen. Oder ist es die Jugend, die mit dem jahrhundertealten Ball nichts mehr anfangen kann? Haben die Jungen die Tradition der Alten einfach übernommen?
Die Jugend ist es auch, die die anwesenden ausländischen Medien interessiert, genauer gesagt die jungen Politiker. "Das Interessante ist, dass Kurz erst 31 Jahre alt ist und sein Gast, der irische Ministerpräsident Leo Varadkar, erst 39", sagt ein deutscher Journalist. "Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich im Hotelzimmer geblieben", so eine andere Journalistin, die das erste Mal hier ist.
Aber viele ausländische Gäste sind begeistert. "Ohh, ist das schön", ruft eine Frau. Der erste Blick nach den kurzen samtroten Treppen hinauf zum Festsaal ist für viele beeindruckend. Der Saal ist mit Kränzen mit pastellfarbenen Rosen geschmückt. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren wirkt der Schmuck blass. Die Farben Zartrosa und Apricot überwiegen. Dazu passte auch das Kleid der Organisatorin und ÖVP-Nationalratsabgeordneten Maria Großbauer in Altrosa.
Die betuchten Gäste kennen sich und winken sich quer durch den Saal zu - ob die Familie Swarovski, das Model Barbara Meier, Sänger Harald Serafin oder Richard Lugner mit Gast Melanie Griffith. Es wird gewunken, fotografiert, Selfies werden gemacht. So wie die Sprösslinge der Swarovskis selbstverständlich am Opernball sind, führen auch viele Debütanten die Tradition fort. Ein Pärchen strahlt nach getanem Abend. "Es ist eine einzigartige Sache", fasst der junge Mann zusammen.
Aber was macht man denn eigentlich am Opernball? "Tanzen, tratschen, netzwerken", antwortet der ehemalige Sozialminister Rudolf Hundstorfer wohlüberlegt. Und das scheint auch das Wesentliche für die ältere (Politiker-)Generation zu sein. Und für die Jungen? Kurz will mit dem Opernball "Weltoffenheit" zeigen. Zum Tratschen und Netzwerken mit internationalen Gästen wie Varadkar oder der Menschenrechtlerin Waris Dirie kam er wohl, nur das Tanzen verweigerte er.