Richtiger Lebensstil kann Symptome der Erkrankung entscheidend verbessern.
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Wien. Laufen, Bergsteigen, Volleyball, Skitouren und Gartenarbeit: Über seine sportlichen Aktivitäten führt Walter Kirchmayer Buch. Auf der gegenüberliegenden Seite des Hefts stehen die Blutzuckerwerte, alle Speisen, die er isst, und die Mengen Insulin, die er sich spritzt. "Drei Mal intensiver Sport in der Woche verringert die Menge um etwa 20 Prozent. Wenn ich im Urlaub eine Sportwoche mache, ist es sogar um die Hälfte weniger Insulin", sagt der Typ-1-Diabetiker zur "Wiener Zeitung".
Das Hormon Insulin senkt den Blutzuckerspiegel. Blutzucker entsteht durch die Kohlenhydrate in der Nahrung. Ein aktiver Körper verbrennt mehr Blutzucker als ein ruhender. Wer regelmäßig Sport betreibt, benötigt daher weniger Insulin. "Sport senkt auch die langfristigen Blutzuckerwerte, was den Blutgefäßen gut tut. Dadurch treten Spätfolgen - wie Nieren-, Nerven- und Augenschäden oder Gefäßprobleme in den Füßen - verzögert bis gar nicht auf", sagt der 56-jährige Veterinärmediziner.
Rund 600.000 Menschen in Österreich sind von Diabetes betroffen. Zu unterscheiden ist allerdings zwischen Diabetes mellitus Typ-1 und Typ-2, da es sich um zwei grundsätzlich unterschiedliche Stoffwechselerkrankungen handelt, die nur den Namen teilen und ähnliche Symptome auslösen.
Bei Typ-1-Patienten haben die Insulin-produzierenden Betazellen in der Bauchspeicheldrüse ihre Funktion eingestellt. Diese Patienten müssen Insulin daher immer spritzen. Sie erkranken aus genetischen Gründen oder durch eine immunologisch bedingte Zerstörung der Inselzellen.
Patienten von Typ-2-Diabetes können hingegen genügend Insulin produzieren. Der Körper kann den Blutzuckersenker aber nicht in die Zellen abgeben, das Insulin ist somit nicht wirksam. Als Ursachen für diese Insulinresistenz spielen die Lebensgewohnheiten eine große Rolle. Stress, Rauchen, Mangel an Bewegung, ungesunde Ernährung und ein dicker Bauch gelten als der Erkrankung förderlich.
Bei Typ-1-Patienten wie Walter Kirchmayer kann die richtige Ernährung in Kombination mit regelmäßiger Bewegung den Krankheitsverlauf verbessern. Und bei Typ-2-Patienten könne eine Änderung des Lebensstils im Frühstadium sogar den Ausbruch der Krankheit verhindern, betont Alexandra Kautzky-Willer von der Universitätsklinik für Innere Medizin III der Medizinuniversität Wien: "Beim Typ-2-Diabetes kann dieses Risiko durch eine Lebensstiländerung mit Ausdauer- und Krafttraining zur Verbesserung der Fitness und des Muskelaufbaus, Gewichtsreduktion und gesunder Ernährung sogar um bis zu 70 Prozent verringert werden." Die Expertin rät anlässlich des heutigen Welt-Diabetestags 2013 zu rechtzeitigen Vorsorgeuntersuchungen.
Laut der niederösterreichischen Apothekerkammer ist die Dunkelziffer bei Typ-2-Diabetes, der sich schleichend entwickelt, enorm hoch. Die Standesvertretung betont in einer Aussendung: "Bei der Vorsorge-Aktion ‚10 Minuten für meine Gesundheit‘ wurde die Diabetes-Situation erhoben. 6000 Personen ließen von 15. April bis 30. Juni 2013 ihre Gesundheitswerte in messen" (Blutzucker, Cholesterin, Bauchumfang, Gewicht und Rauchverhalten). Dabei seien 529 oder neun Prozent Diabetiker identifiziert worden, 259 von ihnen hatten über ihre Krankheit nicht Bescheid gewusst. Im Jahr 2006 waren es noch sechs Prozent gewesen. 1334 Personen oder 22 Prozent waren diabetesgefährdet. 70 Prozent hatten ideale Werte.
Laut dem Österreichischen Diabetesbericht 2013 wurden 2000 weltweit noch 151 Millionen Diabetes-Patienten gezählt. 2011 waren es schon 366 Millionen und für 2030 werden 552 Millionen Patienten erwartet. Die meisten erkranken an Diabetes Typ-2, der als die wahre Volkskrankheit gilt. Lag der Anteil an Diabetikern in der Bevölkerung in Österreich heuer bei acht Prozent, waren es vor einigen Jahren noch fünf bis sechs Prozent.