Belastung durch Rohstoffpreise und schwachen Dollar. | Dünne Eigenkapitaldecke im Handel. | Wien. Der insolvente Vorarlberger Texilhersteller F. M. Hämmerle hat die Kurve gekratzt: Das Unternehmen muss nicht gänzlich liquidiert werden - mit dem indischen Garnhersteller Oswal hat sich, wie berichtet, ein Käufer gefunden.
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Die Belegschaft wird freilich um mehr als die Hälfte auf 150 Mitarbeiter schrumpfen. Dabei war Hämmerle vor zwanzig Jahren ein heimischer Parade-Industriebetrieb mit mehr als 2000 Beschäftigten. Ein Blick ins Archiv zeigt: Insolvenzmeldungen gab es in der Branche viele. Mäser, Rhomberg, Ganahl, Wolff, Glanzstoff: Die Liste der Textilindustrie-Pleiten ist lang.
Hauptproblem der Pleitiers seien die hohen Lohnkosten gewesen, sagt Peter Mayer, Experte des Kreditschutzverbandes von 1870 in Vorarlberg. Meterware in mittelmäßiger Qualität könne in China viel billiger produziert werden. "Die alteingesessenen Industriebetriebe haben die Veränderungen der Märkte zu spät erkannt und die Umstellung auf qualitativ hochwertige Produkte nicht mehr geschafft", meint Mayer.
Zusätzlich hätten die Kosten für umfangreiche Umweltauflagen die Betriebe belastet, meint der Insolvenzexperte. Aktuell mache der Branche der schwache Dollar zu schaffen, der Billigeinfuhren noch leichter macht. Die rasant gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise tun ihr Übriges.
Allerdings gibt es in der Branche auch Vorzeigebeispiele wie den Unterwäsche-Hersteller Wolford oder den Bettwäsche-Produzenten Getzner: Diesen sei es gelungen, durch Spezialisierung und hohe Qualitätsansprüche den Hals aus der Schlinge zu ziehen.
Erfolgsrezept Luxus
Für Wolfgang Zeyringer, Geschäftsführer des Fachverbandes der Textilindustrie, haben Unternehmen wie diese gezeigt, dass man in Nischen oder mit Luxusprodukten reüssieren kann. Auch im noch jungen Bereich der technischen Textilien (mit Einsatzbereichen in der Medizin, im Bereich Sicherheit oder in der Industrie, etwa für Filteranlagen) sieht er viel Potenzial.
Sorgen macht Zeyringer der Konjunkturabschwung, der sich in sinkender Nachfrage niederschlägt. Trotzdem glaubt er nicht an eine weitere Konsolidierungswelle: "Hämmerle ist nicht symptomatisch für die Branche." Jene Betriebe, die die Umstrukturierung überstanden hätten, stünden jetzt solider da.
Doch nicht nur die Industrie, auch der Textilhandel leidet unter dem Abschwung. Im ersten Halbjahr schrumpften die Umsätze im Bekleidungshandel um 1,1 Prozent. Der Trend zu Filialisten macht den Fachhändlern das Leben schwer. Immer mehr Hersteller aus dem Modebereich eröffnen deshalb eigene Geschäfte, erzählt Zeyringer.
Dass es um die kleinen Händler nicht gut bestellt ist, zeigt auch ihre niedrige Eigenkapitalquote, erklärt Franz Maier, Chef des Kreditversicherers Atradius in Österreich: Die Insolvenzgefahr in der Branche sei noch lange nicht gebannt.
Die Textilbranche hat in Österreich 2007 mit 150 Unternehmen rund 2,75 Mrd. Euro umgesetzt (minus 1,7 Prozent). Die Exportquote liegt bei 86 Prozent. Die Hälfte des Umsatzes entfällt auf technische Textilien, 30 Prozent auf Bekleidung, der Rest auf Heimtextilien. Die Zahl der Arbeitsplätze sank in den letzten fünf Jahren um 2500 auf 14.570.