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Lautloses Umweltverbrechen

Von Eva Stanzl

Wissen

Forscher führen steigende Werte von Fluorkohlenwasserstoffen auf illegale Produktion zurück.


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Boulder/Wien. US-Forscher haben verdächtig hohe Werte einer Chemikalie in der Erdatmosphäre entdeckt, die die Ozonschicht angreift. Sie vermuten eine illegale Erzeugung des verbotenen Stoffes und damit ein Umweltverbrechen.

Konkret handelt es sich um erhöhte Werte von Trichlorfluormethan (CFC-11) in der Stratosphäre. Die Chemikalie zählt zur Gruppe der Fluorkohlenwasserstoffe (FCKW), die wegen ihrer schädlichen Auswirkung auf die Umwelt nicht mehr erzeugt werden dürfen.

"Es ist eine sehr gut und sauber gemacht Studie, die insbesondere auch deswegen überrascht, als die Abbauchemie von FCKW gut verstanden ist. Es muss sich um eine neue Quelle handeln", kommentiert Harald Rieder vom Alfred Wegener Institut der Universität Graz die Erkenntnisse seiner Kollegen der US-Behörde für Ozean- und Atmosphärenforschung (NOOA) in Boulder im Staat Colorado.

Anfang der 1970er Jahre hatte der britische Chemiker James Lovelock erstmals hohe Konzentrationen an FCKW-Verbindungen in der Atmosphäre gemessen, die sich gleichmäßig über den Erdball verteilten, obwohl er als Quelle die Industriestaaten auf der Nordhalbkugel ausmachen konnte. Daraus folgerte er, dass die Stoffe nur in der Stratosphäre - also in etwa zehn bis 50 Kilometer Höhe - abgebaut werden können. FCKW sind beständig, nicht brennbar, geruchlos und durchsichtig. Bei ihrem Abbau werden Chlor- und Fluorwasserstoffe freigesetzt, die Ozon-Moleküle zerstören. 1985 wurde über der Antarktis ein Loch in der Ozonschicht, die die Erde vor den ultravioletten Strahlen der Sonne schützt, entdeckt. Im Montreal-Protokoll von 1987 wurde der Einsatz von FCKW, etwa als Kältemittel in Kühlschränken oder als Treibgas für Sprühdosen und Schaumstoffe, stark eingeschränkt. 1995 wurde verordnet, die Produktion bis 2010 einzustellen.

Quelle in Ostasien?

Erwartungsgemäß sanken die FCKW-Konzentrationen stabil. Ihre chemische Stabilität macht diese Gase jedoch schwer abbaubar. Aufgrund ihrer mittleren Verweildauer von 44 bis 180 Jahren in der Atmosphäre schließt sich das Ozonloch über der Antarktis nur langsam. Dennoch habe ein Regenerationsprozess eingesetzt und habe sich die Ozonschicht stabilisiert, bilanzierten Forscher vergangenen Herbst im Fachblatt "Science".

Nun aber könnte sich das Ozonloch bedeutend langsamer erholen. Denn der Anteil eines wesentlichen ozonzerstörenden Stoffes, Trichluorfluormethan (CFC-11), steigt wieder an, berichten Stephen Montzka und sein Team vom NOOA im Fachmagazin "Nature".

Nach einem Stoffmengenanteil von 270 Teilchen pro 1000 Mitte der 1990er Jahre war der Anteil zunächst von 2002 bis 2012 kontinuierlich gesunken. "Seit 2012 sinkt die Stoffmenge in der Atmosphäre jedoch langsamer, als die Umweltregelungen erwarten ließen", schreiben die Forscher.

Hinzu kommen steigende Unterschiede des Anteils auf der nördlichen und der südlichen Erdhalbkugel. Zudem zeigt der Verlauf der Kurve innerhalb eines Jahres verdächtige Ähnlichkeiten mit dem Messkurvenverlauf zweier anderer FCKW: Chlordifluormethan und Dichlormethan. Das lasse vermuten, dass alle drei Stoffe aus derselben Quelle freigesetzt werden. "Die erneut gestiegenen Emissionen stehen in keinem Bezug zu den Produktionsmengen der Vergangenheit, was auf eine nicht angemeldete Neuerzeugung hindeutet, die die Vorgaben des Montreal-Protokolls missachtet", betont das Forschungsteam.

Montzka und seine Kollegen simulierten mit Atmosphärenmodellen die Ausbreitung von Trichlorfluormethan anhand der vorhandenen Messwerte. Doch allein mit dem Luftaustausch in der Atmosphäre, auch wenn dieser ungewöhnliche Formen annehmen sollte, konnten sie sich die Werte nicht erklären. Sie gehen deshalb davon aus, dass es die neue Quelle 13.000 Tonnen des Stoffes pro Jahr erzeugt. Die Computersimulationen ergaben eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Quelle in Ostasien. "Es gibt allerdings keinen einleuchtenden Grund für eine Herstellung von FCKW heute, da es eine ganze Reihe von Alternativen gibt", sagt Rieder.

Michaela Hegglin, Atmosphärenforscherin der britischen Universität Reading, bescheinigt der Studie eine sorgfältige Analyse. Diese sei "entscheidend, zumal die Behauptung einer illegalen Produktion politische Implikationen hat." Nun müsse die Quelle lokalisiert werden, weiters sei die Einhaltung von Umweltvorschriften rigoroser zu überprüften.