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Le Pens uneinlösbare Versprechen

Von WZ-Korrespondentin Birgit Holzer

Politik

Die Präsidentschaftskandidatin der Rechtspopulisten poltert gegen Eliten und Europa - mehrheitsfähig ist das nicht.


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Paris. Er selbst tritt bei der Präsidentenwahl zwar nicht mehr an - doch wer ihm in den Élysée-Palast nachfolgt, ist François Hollande keineswegs gleichgültig. Wenngleich er keinen Kandidaten klar unterstützt, macht er dennoch deutlich, wen er nicht an der Spitze des Staates sehen will: Marine Le Pen. "Falls die Kandidatin des Front National gewinnen sollte, würde sie einen Ausstiegsprozess aus dem Euro und sogar der EU einleiten. Meine letzte Pflicht ist es daher, alles zu tun, damit Frankreich nicht eine solch schwere Verantwortung zu tragen hat."

Hollande befürchtet zudem, dass Meinungsforscher Le Pens wahres Stimmenpotenzial unterschätzen. Umfragen zufolge könnte sie ohnehin mit 26 Prozent als stärkste Kraft in die Stichwahl einziehen, würde dort aber am Gegenkandidaten scheitern. Aber wie sicher ist diese Vorhersage? Seit sie 2011 den Parteivorsitz von ihrem Vater übernommen hat, baut Marine Le Pen deren Einfluss in allen Regionen aus. Die 48-Jährige machte ihren Rechtspopulismus salonfähig, indem sie offen ausgesprochene rassistische Töne nicht mehr duldet und sich als moderne, aber autoritäre Chefin präsentiert.

Sie profitiert vom Verdruss der Franzosen an den Parteien des "Systems" und der Elite, während sie selbst eine direkte, einfache Sprache spricht. In ihrem Wahlprogramm beschwört Le Pen ein "freies Frankreich", das seine nationale Souveränität wiedererlange, und will das Volk über einen EU-Austritt abstimmen lassen. Sie fordert, dass eine nationale Währung eingeführt wird, dass Frankreich den Schengen-Raum sowie das Militärkommando der Nato verlässt und das Land "seine Rolle als Stabilitäts- und Ausgleichsmacht" zurückerhält - wie das im Detail gelingen soll, präzisiert sie nicht, abgesehen von der Erhöhung des Verteidigungsbudgets auf bis zu drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Neben der Förderung von Volksabstimmungen und einem "intelligenten Protektionismus" zur konsequenten Bevorzugung der heimischen Wirtschaft stützt sich Le Pen auf das Prinzip der "nationalen Priorität". Es sieht vor, die Vergabe von Sozialwohnungen, Arbeitsplätzen oder auch Kindergeld-Zahlungen auf Franzosen zu beschränken. Die legale Einwanderung wird auf 10.000 Personen begrenzt, Familiennachzug verboten und von Ausländern "republikanische Assimilierung" verlangt.

Darüber hinaus verspricht Le Pen, den Geldhahn großzügig zu öffnen: von Steuersenkungen für die drei geringsten Steuerklassen über Abgabenentlastung für kleine und mittelständische Unternehmen bis zur Rückkehr zur Rente mit 60. Finanziert werden soll das mit der angeblichen Einsparung von Kosten, die mit der Einwanderung und der Zugehörigkeit zur EU verbunden seien, sowie dem verstärkten Kampf gegen Steuer- und Sozialbetrug. Zugleich will sie "wieder Ordnung in unsere öffentlichen Finanzen bringen". Dass kaum ein Ökonom diese Rechnung für realistisch hält, ist allerdings nur selten Thema von Debatten. Für die Umsetzung ihrer Ideen reicht Le Pen nicht die Wahl zur Präsidentin - der Front National müsste auch die Parlamentswahlen im Juni gewinnen, um die Regierung zu stellen. Ansonsten stünde eine Kohabitation an, also die Zusammenarbeit mit der Mehrheitspartei in der Nationalversammlung. Doch Le Pen ist derart zerstritten mit allen anderen Gruppen, dass diese zum Chaos führen würde - Frankreich wäre nicht nur europäisch isoliert, sondern auch im Inneren blockiert.