Tücken auf Balkan längst bekannt. | Hypo unvorsichtig: "Hat zu schnelles Wachstum hingelegt." | Wien. In Windeseile hat der Bund als neuer Eigentümer bei der Kärntner Hypo Group Alpe Adria den Aufsichtsrat umbesetzt; auch sämtliche Vorstandspositionen sind ausgeschrieben. Die bisherige Besetzungspolitik sorgt nun allerdings - hinter vorgehaltener Hand - für Kritik in der heimischen Leasing-Branche.
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"Grundsätzlich wäre der neue Aufsichtsrat der Hypo ja gut gewählt", so ein Branchenkenner zur "Wiener Zeitung". "Allerdings ist die Hypo keine Bank im engeren Sinne, sondern eine Leasing-Firma mit angeschlossenem Bankbetrieb." Letztlich würden viele Probleme des nun notverstaatlichten Kärntner Instituts aus Leasing-Geschäften auf dem Balkan stammen. Man hätte einen Experten aus diesem Bereich gebraucht, um die Sanierung voranzutreiben, meint der Insider.
Mit Ex-Finanzstaatssekretär Johannes Ditz, Kontrollbank-Chef Rudolf Scholten, Ex-ÖBB-Chef Helmut Draxler und Kommunalkredit-Sanierer Alois Steinbichler sitzen tatsächlich keine ausgewiesenen Leasing-Spezialisten im Hypo-Aufsichtsrat. Operativ umsetzen muss die Sanierung der Skandal-Bank aber ohnehin der bis Ende März zu bestimmende Vorstand.
Böse Überraschungen
Allerdings zielt auch die offizielle Ausschreibung für die neuen Hypo-Chefs nicht konkret auf Experten aus dem Leasing-Bereich ab. "Man braucht ein Management, das sich im Leasing-Geschäft auskennt", tönt es nun aus der Branche. Darüber hinaus müssten die Hypo-Vorstände auch mit den Gegebenheiten auf dem Balkan vertraut sein. Bei der Aufarbeitung des Hypo-Desasters könnten dort nämlich unangenehme Überraschungen lauern. Insider sehen drei Problemfelder bei Leasing-Aktivitäten im ehemaligen Jugoslawien - und alle dürften Belastungen für das Kärntner Institut bringen.
Da wäre zunächst einmal der klassische Betrug durch einzelne Mitarbeiter vor Ort im Zusammenspiel mit korrupten Notaren: Diese täuschen Geschäfte vor und kassieren das Geld der Leasing-Firma, das eigentlich in die Anschaffung des Leasing-Gutes fließen hätte sollen. Nach einiger Zeit stellt man dann fest, dass - zum Beispiel - die Autos aus den fingierten Verträgen gar nicht existieren. Bei der Hypo sollen etwa einige Yachten nicht auffindbar sein.
Zwar kann man Betrug nie ganz ausschließen, heißt es aus der Branche. Leasing-Firmen hätten aber sehr wohl die Möglichkeit vorzubeugen - etwa, indem man hohe Anzahlungen verlangt.
Märkte aufbereiten
Der zweite Problembereich hat mit der Art und Weise zu tun, wie Leasing eingesetzt wird: Der Kärntner Hypo sei es nur um schnelles Wachstum gegangen, meinen Insider. Die Organisationsstrukturen, die für Sicherheit sorgen sollten, seien der Verkaufsorganisation hinterhergehinkt. Tatsächlich scheint Leasing auf den ersten Blick ideal, um finanztechnisch unterentwickelte Märkte wie den Nachkriegs-Balkan aufzubereiten. Anders als beim Kreditgeschäft kann weniger Augenmerk auf die Bonität der Kunden gelegt werden, als Sicherheit gilt ja das angeschaffte Leasing-Gut. Erliegt ein Institut der Verlockung rascher Marktanteilsgewinne, ist das böse Erwachen jedoch programmiert. Häufen sich nämlich die Zahlungsausfälle, ist es schwierig, die Leasing-Güter gewinnbringend zu verwerten.
Dies führt direkt zum dritten - und wohl größten - Sargnagel der Kärntner Hypo: Wie es in der Branche heißt, soll das Institut in großem Umfang einkassierte Sicherheiten pleitegegangener Kunden in ihr Eigentum übernommen haben - und zwar zu sehr optimistischen Bewertungen. Das Kredit- oder Leasinggeschäft musste damit in der Bilanz nicht abgeschrieben werden, macht man später aber reinen Tisch - wie es die Hypo in der Krise tun musste -, sind erst recht massive Abwertungen notwendig.
Ein zusätzlicher Aspekt, der - Berichten zufolge - bei der Hypo einen Rolle spielen dürfte, ist das Gemisch aus korrupten Machthabern und organisierter Kriminalität, das seinerzeit auf dem Balkan zur eigenen Bereicherung als Türöffner für westliche Firmen agiert haben dürfte. Selbst wenn eine Bank von sich aus sauber vorgehen will, fällt es nicht leicht, diesem Geflecht zu entgehen. Ist die eigene Organisationsstruktur nicht dicht genug, komme man oft gar nicht dahinter, wer wirklich hinter einem Deal steckt, so Experten.
Was die Zukunft der Hypo betrifft, kommen aus der heimischen Leasing-Branche optimistische Töne. Es gebe auch gute Leasing-Projekte im Portfolio der Bank, einige Kernländer könnten zudem bald der EU beitreten. Nun komme es darauf an, dass die Hypo ihren hohen Markenwert aufrechterhalten kann. Dieser sei in den Balkanstaaten lange nicht so beschädigt wie in Österreich.
Nun steht jedoch noch die Vergangenheitsbewältigung auf der Tagesordnung. Am Mittwoch hat der Bayerische Landtag einstimmig die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Hypo und deren ehemaliger Konzernmutter BayernLB beschlossen. Dabei soll auch die Rolle zahlreicher Spitzenpolitiker zur Sprache kommen.