Diabetes ist jene chronische Erkrankung, die weltweit am stärksten "im Kommen" ist. Bis zum Ende des Jahrhunderts ist bei der derzeitigen Entwicklung mit 1 Mrd. Zuckerkranken zu rechnen. In Österreich sind es derzeit rund 550.000 - und die Mortalitätsrate ist enorm, sind mit Diabetes doch oft schwere Spätschäden verbunden. Eine Expertenplattform will nun die Betreuung der Patienten entscheidend verbessern und setzt dabei auf ein neues, länger wirksames Insulin.
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"Diabetes nimmt dramatisch zu. Wir erleben derzeit eine wahre Explosion der Erkrankungen", betont der Initiator des "Diabetes Forum Österreich", Guntram Schernthaner vom Krankenhaus Rudolfstiftung. Dies gelte vor allem für den Typ2 Diabetes (vormals "Altersdiabetes" genannt). Schlimm daran seien besonderes die schwerwiegenden Spätschäden bei Zuckerkrankheit.
Insbesonders gilt dies für Herz und Gefäße. "Alle Diabetiker sind auch koronar krank", erklärt der am KH Lainz tätige Wiener Kardiologe Jörg Slany. Das Risiko eines Diabetikers, einen Herzinfarkt zu bekommen, sei ebenso hoch wie das eines Nichtdiabetikers, der bereits einen hinter sich hat. Auch Bypassoperationen zeitigen oft keinen guten Erfolg.
Durch den oft zu hohen Blutdruck der Patienten ist auch das Risiko eines Schlaganfalls doppelt bis dreifach so hoch wie bei Gesunden. Stark gefährdet sind aber auch Niere, Füße, "Diabetes ist der Hauptlieferant für alle Komplikationen", stellt Schernthaner fest.
Neuartiges Insulin
Viel Bewegung und gesunde Ernährung kann die Situation etwas entschärfen. "Aber nur optimale Blutzuckereinstellung schützt vor Spätschäden", erklären die Experten. Und gerade da sind bislang viele Fehler passiert. "Es wird zu oft mit den herkömmlichen oralen Medikamenten gearbeitet. Dadurch haben die Betroffenen einen zu hohen Blutzuckerspiegel." Diabetes Typ2 schreitet im Krankheitsbild aber fort, es müsste auf Insulin eingestellt werden. Doch nur rund 60.000 der Typ2 Diabetiker, kaum mehr als zehn Prozent, spritzen Insulin, viel weniger als in anderen europäischen Staaten.
Große Hoffnungen setzen die Mediziner nun in ein neues Insulin. "Es handelt sich dabei um eine völlige Innovation. Damit ist es möglich, viel früher eine Therapie zu beginnen und Spätschäden zu verhindern", meint Schernthaner. Glargin (Firmenname: Lantus), in seiner Aminosäuren-Zusammenstellung verändert, wirkt als "Basisinsulin" über 24 Stunden fast gleichmäßig und ist für die Patienten ein wahrer Segen: "Ich erspare mir 365 Spritzen im Jahr, das ist enorm gut für die Lebensqualität", erklärt der als Journalist tätige Diabetiker Peter Hopfinger.
Trotz aller Freude bleiben einige Sorgenfalten, denn Insulin ist derzeit nicht auf Kassenrezept verschreibbar, sondern chefarztpflichtig. "Wenn das so bleibt, werden es wohl nur 10.000 Patienten in Österreich verwenden können. Es droht eine Zwei-Klassen-Medizin", befürchtet Schernthaner. Das "Diabetes Forum Österreich" will dies verhindern.