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Lebensfreude · Todeskunst

Von Stefanie Holzer

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In den sonntäglichen "Tonspuren" (Österreich 1, 18.15 Uhr) porträtierte Alfred Koch die Kärntner Schriftstellerin Lydia Mischkulnig, deren Erzählungen und Romane bei Droschl, Haymon und der DVA

erschienen sind. Mischkulnig, die Ingeborg Bachmann und Elfriede Jelinek zu ihren Vorbildern zählt, wurde 1963 in Klagenfurt geboren. In Wien, wo sie auch lebt, studierte sie an der Filmhochschule.

Mischkulnigs Geschichten ließen sich schwer nacherzählen, informierte der Sprecher, denn sie seien ineinander verschachtelt wie russische Matrjoschkas. Auffällig an den vorgelesenen Textstellen war,

daß die Schriftstellerin eine große Anzahl Toter und Versehrter verschleißt, um ihre Botschaft an den Mann zu bringen.

Kurt Tucholsky soll journalistischen Anfängern den Gebrauch von Adjektiven erst nach und nach gestattet haben. Was er wohl zu einer Geschichte sagen würde, die einen Mann beschreibt, dem "in seiner

Lebensmitte" das Unglück widerfährt, ein Bein zu verlieren, der sich, da er dem Tod gerade noch entkommen ist, entschließt, Leichenbestatter zu werden . . . Die Autorin gab an, daß es ihr bei ihrer

Arbeit nicht darum geht, der Menschheit einen Dienst zu erweisen, sondern "um pure Selbstvergnügung". · Alfred Kochs Porträt zeigte den in der Literaturgeschichte stets thematisierten Unterschied

zwischen "Leben und Werk": Eine lebensfroh wirkende Schriftstellerin läßt ihr Werk um den Tod kreisen.