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Die Leute wählen keine Parteien und Programme mehr, sondern ein Lebensgefühl. Was seit Jahren für die Politik gilt, gilt auch für die Vertreiber belebender Säfte. Nicht anders ließe sich sonst der große wirtschaftliche Erfolg des heimischen Getränkeherstellers und Sportsponsors Nummer eins, Red Bull, der in diesen Tagen sein 30. Bestandsjubiläum feiert, erklären. Am Doseninhalt, einer Mischung aus Koffein, Zucker und der künstlich hergestellten Aminosäure Taurin, kann es ja nicht nur liegen. Mag sein, dass manchen Red Bull tatsächlich "schmeckt" und ihr Wunsch nach erhöhter Wachsamkeit so erhört wird. Für die meisten ist es wohl aber trotzdem nicht mehr als ein Alkoholika-Zusatz oder einfach nur das Dingsda, was der Marcel Hirscher immer in der Hand hat.
Ob nun auch dem Ski-Star das Gebräu mundet oder nicht - seine Mimik nach jedem Schluck lässt eher Letzteres vermuten -, spielt da keine große Rolle. Auch nicht, dass er sich das eifrige Nippen im Interview mit dem ORF von Red Bull fürstlich entlohnen lässt. Hier geht es nicht um ein Getränk oder ein Rezept, sondern allein um ein Lebensgefühl, das Leute wie Hirscher ausstrahlen, und das auf die Marke und damit auf den Konsumenten abfärben soll: ein Gefühl von sportlicher Vitalität, jugendlicher Coolness und wagemutiger Abenteuerlust. Das funktioniert nicht nur mit Skirennläufern, sondern auch mit Rennställen und Fußballklubs. Sie profitieren an diesem Geschäftsmodell genauso wie Red Bull, das Rekordgewinn um Rekordgewinn verbucht. Ob sich aber auch das Lebensgefühl der Konsumenten steigert, lässt sich freilich nicht nachweisen. Wie auch, bei einem Gefühl? Aber die Leute könnten auch selbst denken, bevor sie sich ein Koffeinwasser kaufen.