Brüssel will klare Anzeige von Imitaten und Allergenen. | Bezeichnungen der Herkunft noch nicht im Detail geklärt. | Tagesbedarf oder "Ampel" dürfen zusätzlich bleiben. | Brüssel. Nach mehr als drei Jahren Verhandlungen ist eine Einigung über eine strengere Lebensmittelkennzeichnung in der EU in greifbarer Nähe: Die letzte Gesprächsrunde zwischen Vertretern der Mitgliedstaaten und des EU-Parlaments sei in der Nacht auf Mittwoch sehr erfolgreich verlaufen, hieß es in Diplomatenkreisen. Ein grobes Kompromisspaket sei geschnürt, letzte technische Details müssten noch kommende Woche in der Sitzung der EU-Botschafter geklärt werden.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Auch die Berichterstatterin des EU-Parlaments, Renate Sommer von der CDU, sprach von einer vorläufigen Einigung, welche wohl im Plenum am 5. Juli abgesegnet werde.
Beide Seiten hoben deutliche Fortschritte hervor: "Wir Verbraucher werden in Zukunft weitaus mehr Informationen auf Lebensmitteln finden als bisher", sagte Sommer: "Das Nährwertkästchen wird erstmals verpflichtend. Imitate wie Analogkäse können künftig durch die Angabe der verwendeten Zutat auf der Vorderseite der Verpackung klar identifiziert werden. Allergene sollen auf den ersten Blick zu erkennen sein." Im sogenannten "Nährwertkästchen" müssen künftig die Anteile Fett, gesättigte Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Salz, Eiweiß und Kaloriengehalt pro 100 Gramm oder 100 Milliliter angegeben werden. Mindestschriftgrößen sollen dafür sorgen, dass die Angaben lesbar sind. Experten bezeichnen diese tabellarische Darstellung als einzige völlig neutrale Kennzeichnung, die den Vergleich der Lebensmittel ermögliche.
Apfelsaft oder Cola light
Andere Hinweise sollen darüber hinaus erlaubt sein. Darunter fallen etwa die Angabe der Nährwerte pro Portion, als prozentueller Anteil am Tagesbedarf eines Menschen, oder die umstrittene Lebensmittelampel. Diese ist und bleibt wohl in Großbritannien gebräuchlich, konnte sich als EU-Norm aber nicht durchsetzen. Als Beispiel für ihren irreführenden Charakter kursiert stets der Vergleich zwischen Cola light und Apfelsaft. Bei Kalorien und Zucker müsste der Saft das warnende Rotlicht aufweisen - obwohl er bei moderatem Konsum ernährungstechnisch besser sei.
Keine Täuschung darf es künftig bei Lebensmittelimitaten geben. Analogkäse oder Klebefleisch müssen eindeutig gekennzeichnet werden. Das gilt vor allem, wenn die Bebilderung der Verpackung dem Konsumenten etwas anderes suggerieren könnte. Als Allergene gelten etwa Nüsse, glutenhaltige Getreide, Eier oder Laktose, selbst wenn diese Inhaltsstoffe nur in Spuren enthalten sind.
Herkunft nur bei Fleisch
Einen Kompromiss gab es bei der Herkunftskennzeichnung: Für Frischfleisch sollen diese verpflichtend werden. Wie sie auszusehen hat, muss aber noch auf Expertenebene nachgeliefert werden - etwa, ob nur der Ort der Schlachtung oder auch die Herkunft des Tieres angegeben werden muss. Für alle anderen Produkte wie Milch und Milchprodukte wird die Kommission aufgefordert, Machbarkeitsstudien über Herkunftskennzeichnungen auszuarbeiten.
Umstritten war zuletzt noch, ob die Nährwertangaben auch auf der Vorderseite der Verpackung angebracht werden müssten. Darauf verzichteten die Abgeordneten zu Gunsten der Einigung am Ende offenbar. Geht das Paket wie geplant bei den Botschaftern und im Plenum durch, sind die neuen Vorschriften spätestens ab Sommer 2014 für alle vorverpackten EU-Lebensmittel verpflichtend.