WKÖ und Branchenvertreter fordern KÖSt-Senkung. Recycling-Quoten und Klima sorgen weiter für Diskussionen.
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Der heimische Lebensmittelhandel war, zumindest was den Umsatz betrifft, einer der Corona-Krisengewinner, der Umsatz ist im Corona-Jahr 2020 laut Branchenvertretern um 8,1 Prozent gestiegen. Mit dem fortschreitenden Klimawandel und den Maßnahmen zu dessen Eindämmung kommen aber neue Herausforderungen. Dazu zählt auch die von der Bundesregierung geplante ökosoziale Steuerreform, die im Herbst angegangen werden soll. Am Dienstag forderten Wirtschaftskammer- und Lebensmittelhandelsvertreter vor Journalisten eine Entlastung der Einkommenssteuer und eine Senkung der Körperschaftsteuer (KÖSt) im Zuge der Reform.
"Leistung muss sich lohnen", richtete Christian Prauchner, Obmann des Bundesgremiums des Lebensmittelhandels und selbständiger Spar-Kaufmann in Niederösterreich, seinen Appell in Richtung Politik. Für die Arbeitnehmer müsse mehr Netto vom Brutto am Ende des Monats übrig bleiben. Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer fordert auch eine Senkung der Unternehmenssteuer, der KÖSt, von derzeit 25 auf 21 Prozent. Außerdem fordert Prauchner eine Verlängerung der Investitionsprämie, einen Investitionsfreibetrag von 20 Prozent und im Bereich Digitalisierung einen von 30 Prozent.
Einen aus Steuergeld finanzierten Corona-Tausender forderte Spar-Chef Fritz Poppmaier. Den "Österreich-Tausender" solle man im Lohnsteuerausgleich zusätzlich für in Österreich konsumierte Waren oder Dienstleistungen absetzen können.
Streitpunkt Plastik
Die ganz große Herausforderung der kommenden Jahre ist aber auch für die Lebensmittelbranche der Kampf gegen den Klimawandel. "Das Thema Plastik ist eine Herausforderung", sagt Poppmaier. Derzeit werden in Österreich 25 Prozent der 300.000 Tonnen Kunststoffabfall wiederverwertet. Bis 2030 sollen es 55 Prozent werden. Das sehen die EU-Klimavorgaben für Österreich vor. Bei Einweg-Plastikflaschen sind es derzeit 70 Prozent. Bis 2030 muss die Recyclingquote auf 90 Prozent steigen.
Deshalb hatte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) im Vorjahr ein Plastik-Pfandsystem etwa in Supermärkten ins Spiel gebracht, um die Wiederverwertungsquote zu erhöhen. Deutschland und die skandinavischen Staaten heben ein Plastikpfand ein, Länder wie die Slowakei, Rumänien oder Portugal wollen das demnächst einführen. Die heimischen Lebensmittelhändler wollen von einer Pfandpflicht aber nichts wissen und verweisen auf die ohnehin schon hohe Recycling-Quote. Stattdessen forderten die Vertreter von Spar, Billa und der Kastner Gruppe mehr Freiwilligkeit und verwiesen auf den mit der WKÖ erarbeiteten "10-Punkte-Plan für eine alltagstaugliche Kreislaufwirtschaft". Darin wird zum Beispiel eine einheitliche Sammelstruktur für ganz Österreich gefordert - derzeit ist das von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich -, smarte Sammelbehälter, Freizeitkonsum, gewerblicher Abfall und öffentliche Gebäude sollen besser erfasst werden. Gewessler hat dem Plan nicht zugestimmt. Seitens der WKÖ hofft man, die Ministerin noch zu überzeugen.
Auch beim Thema Bio und Regionalität setzte man verstärk auf die Zusammenarbeit mit heimischen Bauern, so Billa-Vorstand Robert Nagele. Der Bio-Anteil im heimischen Lebensmittelhandel beträgt laut dem Economica-Institut allerdings nur 8,6 Prozent, wobei er bei Milch mit 20 Prozent am höchsten ist. Laut einer Studie des Instituts im Auftrag der WKÖ belief sich der Umsatz der Branche im Vorjahr auf 27 Milliarden Euro, wobei die Renditen mit rund einem Prozent verhältnismäßig gering sind. 170.000 Mitarbeiter und 11.000 Unternehmen sind im heimischen Lebensmittelhandel tätig. Während der Lebensmitteleinzelhandel von Lockdown und Homeoffice eher profitierte, sank der Umsatz im Großhandel, der auch Hotels und Lokale beliefert, um 5,2 Prozent. (del)