Ungerechte Kritik der Konsumentenschützer. | Die klassische Er- und Ablebensversicherung galt lange als Paradeprodukt der Versicherungswirtschaft. Man konnte die einbezahlten Prämien teilweise von der Einkommenssteuer absetzen, die Versicherungen versprachen eine gute Rendite, einen Teil davon (derzeit 2,25 Prozent) sogar als Garantieverzinsung. Die Erträge aus den veranlagten Kapitalien werden etwa zu 90 Prozent ausgeschüttet. Das Kapital wurde allerdings sehr konservativ angelegt, der Aktien-Anteil war gering.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Der Börsen-Boom ließ allerdings die Begehrlichkeit nach höheren Verzinsungen wachsen, daher wurden Produkte geschaffen, die unter dem Begriff fondsgebundene Lebensversicherungen auf den Markt kamen. Während bei der klassischen Variante die Versicherungsmanager darauf schauen mussten, dass sie ihre Gewinnversprechen einhalten konnten, wurde bei der fondsgebunden das Anlagerisiko auf den Kunden übergewälzt.
Die Kunden einer klassischen Lebensversicherung waren weitgehend auf der sicheren Seite. Nun ist diese Sparte ins Gerede gekommen, weil Konsumentenschützer sie als ungeeignete Wertanlage bezeichnen. Haben sie recht?
Nicht wirklich. Die "Klassische" ist nach wie vor geeignet, das Vermögen zu vermehren. Wenn als Beispiel eine 74-jährige Frau herangezogen wird, die einen zehnjährigen Er-/Ablebensvertrag abgeschlossen hat und nach Ablauf des Vertrages trotz "Zinsgarantie" weniger ausbezahlt bekam, dann ist dies ein unseriöser Vergleich. Warum?
Wenn jemand 1000 Euro an Prämie einzahlt, so können diese nicht veranlagt werden, sondern nur ein geringerer Betrag. Von den 1000 Euro werden 4 Prozent Versicherungssteuer abgezogen. Dann müssen an den Vertreter oder Makler zwischen 2 und 5 Prozent Abschlussprämie berappt werden, auch Kosten für Verwaltung und Inkasso fallen an. Neben der Steuer sind das im Schnitt rund 9 Prozent.
Und dann muss noch die Risikoprämie für den Versicherungsschutz weggerechnet werden. Die beläuft sich unter Annahme eines Vertrags mit 20-jähriger Laufzeit bei einem 20-Jährigen auf 1,2 Prozent, bei einem 55-Jährigen allerdings bereits auf 13,7 Prozent der Prämie (bei der 74-jährigen Frau noch weit höher). Wenn der Versicherungsnehmer während der Laufzeit stirbt, bekommt er ja die volle Versicherungssumme ausbezahlt.
Ein unfairer Vergleich
Zählt man dies zusammen, dann bleibt (je nach Lebensalter) unter dem Strich nur ein Kapital von 86 bis 73 Prozent der einbezahlten 1000 Euro, das angelegt werden kann. Davon wird die Garantieverzinsung plus Gewinnversprechen (sie liegen derzeit noch bei 4,25 Prozent, werden aber in Kürze reduziert) berechnet.
Das heißt, dass bei der 74-Jährigen wegen der hohen Risikoprämie am Ende der Laufzeit nicht einmal 1000 Euro ausbezahlt werden. Das ist aber ein Extrembeispiel. Der 20-Jährige kommt auf eine garantierte Verzinsung von 2,3 Prozent, inklusive Gewinnzusagen auf 4,3 Prozent. Beim 55-jährigen gibt es bereits keine Garantieverzinsung mehr, inklusive Gewinnversprechen stehen aber noch immer 2,3 Prozent zu Buche (alles vor Kest).
Es ist somit unseriös, die Veranlagung etwa mit einem Sparbuch zu vergleichen.
analyse@wienerzeitung.at