Unterschiedlich waren die österreichischen Reaktionen auf | eine gestern veröffentlichte OECD-Studie. Während Bildungsministerin Elisabeth Gehrer die Politik der Regierung bestätigt sah, ortete die Opposition Mängel vor allem auf dem Hochschul-Sektor. Im OECD-Ländervergleich "Bildung auf einen Blick" fällt Österreich im Schulbereich häufiger mit positiven Bewertungen auf als im Universitätsbereich.
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Österreich liegt bei der Bildungsbeteiligung im Hochschulbereich hinter anderen OECD-Ländern. Während im OECD-Schnitt jede/r zweite Jugendliche im Laufe seines Lebens ein Studium beginnt, ist es in Österreich nur jede/r dritte. Dies ist ein Ergebnis der Studie "Bildung auf einen Blick", die die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gestern veröffentlicht hatte. Demnach rangiert Österreich mit einer Rate von 31 Prozent gemeinsam mit Mexiko, Belgien und Tschechien am unteren Ende der Skala. In Ländern wie Australien, Finnland, Ungarn, Polen oder Schweden beginnen mehr als 60 Prozent der Jugendlichen ein Studium.
Dennoch liegen Österreichs Bildungsausgaben von der Volksschule bis zur Universität - pro Person gerechnet - mit 8.462 Dollar pro Jahr deutlich über dem Schnitt der OECD-Staaten (6.821 Dollar). Das Land liegt damit auf Platz fünf. Im Vergleich zu den gesamten öffentlichen Ausgaben liegt der Anteil der Bildungsaufwendungen allerdings unter dem OECD-Schnitt von 12,7 Prozent: Er beträgt 11,1 Prozent. Und gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) sind die österreichischen Aufwendungen von 6,2 Prozent im Jahr 1995 auf 5,8 Prozent im Jahr 2001 gesunken.
Dass die Bildungsausgaben vergleichsweise hoch sind und die Zahl der AbsolventInnen geringer, erklärt Hochschulforscherin Ada Pellert mit der Ineffizienz im Universitätsbereich: "In Österreich ist die drop-out-Quote relativ hoch. Das liegt unter anderem an den Aufnahmemodalitäten und der Betreuungsrelation. Viele beenden ihr Studium nicht, verursachen aber Kosten." Die OECD-Studie bestätigt: Während im Länderdurchschnitt 70 Prozent ihr Studium abschließen, sind es in Österreich nur 59 Prozent. Dafür liegt die durchschnittliche Verweildauer im Tertiärbereich bei 5,5 Jahren. Lediglich in Griechenland wird länger studiert.
Die vergleichsweise geringere Bildungsbeteiligung im Hochschulbereich sieht Pellert ebenso als Problem an. "Eine moderne wissensorientierte Gesellschaft braucht entsprechend gebildete Arbeitskräfte", begründet sie. Dies entspreche auch den Anforderungen der Wirtschaft.
Positives im Schulbereich
Im Schulbereich fällt Österreich hingegen häufiger mit positiven Bewertungen auf. So haben überdurchschnittlich viele Menschen eine Ausbildung absolviert, die über das Pflichtschulniveau hinaus geht. Auch die Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen ist vergleichsweise gering. Positiv sieht in der Statistik auch das zahlenmäßige Verhältnis zwischen SchülerInnen und Lehrenden aus: Demnach kommen in der Volksschule auf einen Lehrer 14,4 SchülerInnen - im OECD-Schnitt 16,6 -, in der Hauptschule und AHS-Unterstufe 9,8 SchülerInnen (OECD: 14,4) und in der Sekundarstufe II 10,3 Jugendliche. Die durchschnittliche Klassengröße liegt an Österreichs Volksschulen mit 20,1 Schülerinnen und Schülern unter dem OECD-Schnitt von 21,8. Internationale Spitzenwerte von 35,7 SchülerInnen pro Klasse weist Korea auf.
Bildung dauert 16 Jahre
Ein fünfjähriges österreichisches Kind hat 16 Jahre Ausbildung vor sich. Im OECD-Schnitt liegt die Bildungserwartung bei 17,2 Jahren. Die längste Ausbildungszeit ist in Australien (21,1 Jahre), Großbritannien (20,4 Jahre) und Schweden (20,1 Jahre) zu erwarten, die kürzeste in Mexiko (12,9 Jahre).
Beim aktuellen Bildungsstand der erwachsenen Österreicher und Österreicherinnen zeigen sich Geschlechterunterschiede: Während Männer auf durchschnittlich 11,5 Jahre Ausbildung zurückblicken (OECD-Schnitt: 11,9 Jahre), sind es bei Frauen 11 Jahre (OECD: 11,7).
Auf die Ergebnisse der Studie haben Österreichs Parteien unterschiedlich reagiert. Bildungsministerin Elisabeth Gehrer wertet den Ländervergleich als Erfolg für die Politik der Regierung. Es gebe nämlich "gute Plätze beim Schulwesen und steigende Trends bei Hochschulstudien". Auch bei den Ausgaben für Bildung sei Österreich auf der Überholspur. Laut ÖVP-Bildungssprecher Werner Amon widerlege die Studie die "Panikmache der SPÖ".
Diese vertritt eine andere Meinung. Laut SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal bestätigt das Dokument, wie schlecht es um die österreichischen Universitäten bestellt sei. Für den Wissenschaftssprecher der Grünen, Kurt Grünewald, haben die Studiengebühren und die "seit langem unzureichende Budgetsituation der Universitäten" die Positionierung Österreichs verschlechtert.
Peter Mitterhuber von der Arbeiterkammer Wien forderte eine Ausbildungsoffensive im Hochschulbereich. Durch kürzere Studienzeiten und niedrigere drop-out-Raten sollte die Akademikerquote gesteigert werden.