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Lega will Kontrolle über Unicredit

Von Reinhard Göweil

Wirtschaft

UniCredit-Chef Alessandro Profumo wird abgelöst. | Tochter Bank Austria unmittelbar davon betroffen. | Italienische Innenpolitik bringt Europas Banken in Bedrängnis. | Mailand/Wien. "Mister Arroganz" wurde Alessandro Profumo in Bankkreisen genannt. Der machtbewusste 53-jährige Bank-Manager machte aus der verschlafenen italienischen Regionalbank Unicredit immerhin einen europäischen Bankkonzern mit einer Kapitalisierung von 34 Milliarden Euro. Und sich selbst jede Menge Feinde. Jetzt rächt sich das Establishment, in Form der Lega Nord. Die rechtspopulistische norditalienische Partei will die Banken unter Kontrolle bekommen. | Verwirrspiel um Profumo-Rücktritt | Die Nachfolgesuche für Profumo läuft


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Der unabhängig agierende Profumo war der Lega Nord schon seit längerem ein Dorn im Auge. Nun wird er von der Bankspitze gedrängt, mit Auswirkungen in ganz Europa. Auch in Österreich, denn die Bank Austria ist eine 100-prozentige Tochterbank von Unicredit.

Um das zu verstehen, muss man sich die Aktionärsstruktur der Unicredit anschauen. Entstanden aus sieben norditalienischen Sparkassen, sind deren Stiftungen die wichtigsten Aktionäre der Bank. Der Lega Nord gelang es erst kürzlich, bei der Cariverona, dem viertgrößten Aktionär der Bank, sieben ihrer Vertreter in diese Stiftung zu entsenden. Rädelsführer gegen Profumo war denn auch der Bürgermeister von Verona, Flavio Tosi. Er kritisierte, dass zwei libysche Investoren insgesamt 7,6 Prozent der Unicredit-Anteile übernommen hatten. Und befürchtete, künftig in der Aktionärsversammlung an Gewicht zu verlieren.

Harter Schlagabtausch

Es begann ein Machtkampf auf Biegen und Brechen, in dem der Aufsichtsratspräsident der Bank, Dieter Rampl, eine - so berichten Bank-Insider - eher unrühmliche Rolle spielte. Im Jahr 2005 war er Chef der deutschen Hypo Vereinsbank (HVB). Sie war damals schon Eigentümerin der Bank Austria. Während die in München beheimatete Bank eher dahindümpelte, war die Bank Austria in Osteuropa stark vertreten und dementsprechend hochprofitabel. Ohne Not verkaufte Rampl 2005 den HVB-Konzern an die Unicredit, die zuvor bei der Commerzbank durchgefallen war. Was als europäische Bankfusion daherkam, war schon damals nichts anderes als ein Machtkampf. Der damalige Bank-Austria-Chef Gerhard Randa wollte die Wiener Bank zu 49,9 Prozent an der Börse listen lassen. Es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen, bis klar geworden wäre, wo die Erträge herkommen (nämlich aus Wien) und wer daher im Konzern das Sagen hat. Randa war damals auch im Vorstand der HVB. In München wurden diese Umtriebe mit Sorge betrachtet.

Profumo und seine Expansionsgelüste kamen da gerade recht. Zu einem für die Unicredit recht vorteilhaften Preis wurde der HVB-Konzern übernommen. In der Folge ging Randa, Rampl wurde Präsident des neuen Bankkonzerns.

Rampl Sieger im Spiel

Nun hat sich Rampl auf die Seite der Lega Nord geschlagen. Er stützt die These des Veroneser Bürgermeisters und sagt, Profumo hätte ihn nur unzulänglich über den Einstieg der libyschen Investoren informiert. Der Bankchef, der in Wien wegen seines Machtbewusstseins eher wenige Freunde hat, räumt "Kommunikationsfehler" ein. Der Sieger im Spiel ist Rampl. Er soll interimistisch die Unicredit führen.

Um Profumo abzumontieren, wurden alle möglichen Gerüchte gestreut. Auch, dass die Investments der Bank in Osteuropa viel zu teuer gewesen wären. 2010 machte die in Wien beheimatete Osteuropa-Division im ersten Halbjahr einen Gewinn vor Steuern von 1,5 Milliarden Euro.

Der Machtkampf um die Unicredit, mittlerweile die größte Bank Italiens, geht tief in die Innenpolitik des Landes. Ministerpräsident Silvio Berlusconi, eher kein Freund des liberalen Profumo, ist an guten Beziehungen mit Libyen interessiert. Libyens Diktator Muammar Gaddafi war erst kürzlich in Rom. Berlusconi und sein Finanzminister Giulio Tremonti sind daher eher auf der Seite Profumos, weil die Lega Nord so gegen das libysche Engagement wettert. Am Abgang Profumos dürfte das alles nichts ändern. Es geht wohl nur noch um Abfindungen für den 53-Jährigen, der immerhin 13 Jahre lang an der Spitze des Instituts stand und damit einer der längstdienenden Bankchefs der Welt ist.

Wie es mit der Mailänder Großbank weitergeht, ist derzeit völlig offen. In der Bank Austria wird der Machtkampf aus sicherer Distanz beobachtet. Die Märkte jedenfalls haben damit wenig Freude. Die Unicredit-Aktie verliert seit zwei Tagen, gestern mehr als ein Prozent. Die der Gemeinde Wien nahestehende Sparkassenstiftung AVZ ist nach wie vor an der Unicredit beteiligt - und wird den Kursverfall auch nicht mit Freude beobachten.