"Es gibt in Österreich sicher keinen Pflegenotstand", konstatierte am Dienstag Bundeskanzler Schüssel. Man solle die Bevölkerung nicht durch Schreckensmeldungen verunsichern. Der Bundeskanzler spricht damit sicher vielen Menschen aus der Seele. Denn 40.000 Altenbetreuerinnen aus der Slowakei und Tschechien bedeuten, dass zumindest 20.000 bis 30.000 Menschen nur deswegen in ihrem Zuhause leben können, weil diese Frauen meist illegal in Österreich arbeiten.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Zurecht wird darüber diskutiert, wie man diese Arbeitskräfte aus der Illegalität holen kann. Das darf dann aber nicht dazu führen, dass sich niemand mehr deren Dienste leisten kann. Derzeit verdienen ausländische Pflegerinnen monatlich 920 (bei 30 Euro täglich) bis 1370 (bei 45) Euro plus Kost und Logis.
Das ist wenig und viel, je nach Blickwinkel. Wenig für österreichische Verhältnisse, viel für slowakische oder tschechische. Denn dort beträgt das monatliche Durchschnittseinkommen 400 Euro beziehungsweise 460 Euro.
Für die Pflegebedürftigen ist es jedenfalls viel. Denn schon ab der Pflegestufe vier (632,70 Euro) kann es sein, dass eine Rund-um-die-Uhr-Anwesenheit einer anderen Person notwendig ist und man mit mobilen Diensten nicht das Auslangen findet. Mit dem Pflegegeld und einer Durchschnittspension, die derzeit 840 Euro beträgt, müssen dann Pflegerin, Wohnung, Heizung, der tägliche Bedarf finanziert werden. Dennoch ist diese Art der Betreuung noch immer günstiger als ein Heim, wo man in der Pflegestufe 4 mehr als 2000 Euro monatlich bezahlt.
Wer schon einmal Angehörige in einem Pflegeheim hatte, weiß, wie die Menschen dort leben. Lainz ist da nur die Spitze des Eisbergs. Ich kann berichten, dass in einem Heim zwei Pflegerinnen während der Nacht für 100 zum Teil schwere Pflegefälle, die umgebettet werden müssen, zuständig sind. Auch am Tag lässt die Belastung der Angestellten kaum eine persönliche Ansprache zu. Wer es sich also aussuchen kann, der wird vermutlich so lange wie nur möglich in seinen eigenen vier Wänden bleiben.
Im Vordergrund der Betreuung durch ausländische Hilfskräfte zu Hause steht oft nicht die Pflege, die, sollte es nötig sein, von professionellen mobilen Diensten erledigt werden kann, sondern die Führung des Haushalts und vor allem die soziale Zuwendung. Dazu braucht es in der Regel keine professionelle Ausbildung.
Qualifizierung ist für unsere Gesellschaft unumgänglich notwendig. Dennoch stellt sich die Frage, ob man mit einer Forderung für eine durchgängige Berufsausbildung im Pflegebereich nicht übers Ziel schießt. Selbstverständlich braucht es für medizinisch schwerere Fälle geschultes Personal. Wenn es aber nur darum geht, alten Menschen einen Alltag in ihrer vertrauten Umgebung zu ermöglichen, ist dafür nicht unbedingt ein Diplom notwendig. Legalisierung wäre die bessere Lösung.