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Legendäre Gestalt voller Widersprüche

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Prinz Bernhard der Niederlande, der Vater von Königin Beatrix, ist tot. Im Alter von 93 Jahren starb der am 29. Juni 1911 in Jena als Bernhard Leopold zur Lippe-Biesterfeld geborene spätere Prinzgemahl am Mittwochabend, knapp achteinhalb Monate nach seiner Frau, der ehemaligen Königin Juliana, in der Universitätsklinik von Utrecht. An ihrer Seite wird er am 11. Dezember in der Oraniergruft in Delft beigesetzt.


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Am 30. März, bei der Beisetzung seiner Frau Juliana, bewunderten die Holländer ihren "Prinzgemahl", der von seiner schweren Krebserkrankung gezeichnet war, für die Haltung, mit der er am Arm seiner Töchter Beatrix und Irene hinter dem Sarg ging, die obligate weiße Nelke im Knopfloch.

Aber nicht immer war der deutsche Prinz so unumstritten wie in seinen letzten Lebensjahren. Bernhard, der nach einem Jusstudium 1935 Direktionssekretär der Pariser Filiale der IG Farben geworden war und am 7. Jänner 1937 die damalige Thronfolgerin Juliana geheiratet hatte, war eine legendäre Persönlichkeit voller Widersprüche. Seine außerehelichen Affären machten seinerzeit ebenso Schlagzeilen wie seine angebliche Nähe zu den Nationalsozialisten, die er aber stets leugnete. Als die Niederlande von Hitlers Armee okkupiert wurden, floh er nach London, von wo aus er mit seiner Schwiegermutter, Königin Wilhelmina, den Widerstand gegen die deutsche Besatzung in Holland organisierte. Er lebte in diesen Jahren getrennt von seiner Frau Juliana, die mit den Töchtern Beatrix und Irene und der erst im Exil geborenen Margriet aus Sicherheitsgründen die Kriegsjahre in Kanada verbrachte.

Für seine militärischen Leistungen bei der Befreiung der Niederlande wurde Bernhard hochdekoriert und er stieg zum Generalinspekteur der Streitkräfte auf. Während der Aufbaujahre nach dem Krieg wurde er zum Goodwill-Botschafter der niederländischen Industrie. Seine internationalen Kontakte - 1954 initiierte er die Bilderbergkonferenz, 1961 zählte er zu den Mitbegründern des World Wildlife Fund (WWF), dessen Präsident er bis 1977 war - brachten ihn 1976 im Zusammenhang mit der Lockheed-Affäre in den Verdacht der Schmiergeldannahme. Königin Juliana drohte damals mit Rücktritt, falls es zu einem Prozess kommen sollte. Der Prinz, der sich als unschuldig erklärte, verlor aber alle seine militärischen Ämter. Dass er nicht mehr in Uniform auftreten durfte, soll Bernhard bis an sein Lebensende geschmerzt haben.

Zuvor hatte es schon in den Fünfzigerjahren eine große Krise im niederländischen Königshaus gegeben, als die 1948 nach der Abdankung ihrer Mutter zur Königin gewordene Juliana, deren jüngste, 1947 geborene Tochter Christina fast blind war, unter den Einfluss der okkultistischen Wunderheilerin Greet Hofmanns geriet.

Gerüchte in der Sensationspresse wollten damals davon wissen, dass Prinz Bernhard seine Frau in eine psychiatrische Klinik einweisen lassen wollte. Die Rolle des Prinzgemahls in dieser Affäre ist bis heute undeutlich, die niederländische Regierung weigert sich bis jetzt, einen Untersuchungsbericht veröffentlichen zu lassen.

In den Nachrufen in der holländischen Presse werden die Widersprüche des zuletzt hochangesehenen Prinzgemahls deutlich. Er sei ein "Charmeur mit schwachem politischen Empfinden" gewesen, schrieb die sozialdemokratische "De Volkskrant". Die christliche "Trouw" charakterisierte den verstorbenen Prinzen als "leichten Vogel und schlauen Helden, der auf jedem Parkett zuhause gewesen ist und den man gut vorzeigen konnte".

Politiker würdigten seinen starken Charakter und betonten, dass er schwierige Zeiten für die Monarchie gemeistert habe.