Neue Generation von Geld-Zampanos macht sich bereit. | Altmeistern wurde Risiko der Märkte mitunter zu groß. | Künftig strengere Behördenkontrollen bei Hochrisiko-Deals. | Warren Buffett, mit einem geschätzten Vermögen von 50 Milliarden Dollar (35,7 Milliarden Euro) drittreichster Mensch der Welt, denkt schön langsam ans Aufhören: Kurz nachdem er im vergangenen August seinen Achtziger gefeiert hat, deutete er erstmals an, dass der halb so alte Todd Combs seine Nachfolge antreten könnte.
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Der Methusalem der US-Investment-Branche hatte zwar eine Zeit lang große Stücke auf den chinesisch-stämmigen Li Lu gesetzt, den 44-jährigen Gründer von Himalaya Capital Management - doch mit Combs dürfte ein Mann das Rennen machen, der erst seit fünf Jahren im brutalen Hedgefonds-Business tätig ist, zuletzt bei Castle Point Capital.
Finanz-Guru Buffett, der aus Berkshire Hathaway seit 1965 gemeinsam mit seinem inzwischen 87-jährigen Partner Charles Munger eine der weltweit erfolgreichsten Finanzholdings geformt hat, ist für sein Alter allerdings noch extrem aktiv: Gemeinsam mit Microsoft-Boss Bill Gates animiert er Amerikas Superreiche seit gut einem Jahr dazu, die Hälfte ihres Vermögens an karitative Organisationen zu verschenken. Er selbst will die angehäuften Milliarden - im Vorjahr wurde er gleich um drei reicher - nahezu gänzlich wohltätigen Zwecken widmen. Die Lust an riesigen Deals - vor zwei Jahren erwarb Buffett in Santa Fe ein Bahnunternehmen für 26 Milliarden Dollar - hat er trotzdem nicht verloren: "Mich juckt der Finger am Abzug noch."
Seine von einem Altherren-Klub dominierte Company - auch der 84-jährige Milliardär David Gottesmann ist maßgeblich an Berkshire Hathaway beteiligt - soll allerdings schon relativ bald in jüngere Hände gelangen. Buffett bricht mit dem Klischee, dass sich schwerreiche US-Greise kaum jemals aus dem Business zurückziehen können. Von den derzeit etwa 400 Dollar-Milliardären in den Vereinigten Staaten, die das Magazin "Forbes" kürzlich aufgelistet hat, sind gut zwei Drittel älter als 60 - und dennoch zumeist noch ziemlich aktiv: Der Hotel-Verkäufer William Hilton, Alt-Verleger George Hearst Jr. und Ford-Aktionär William Ford beispielsweise haben weit mehr als 80 Jahre auf dem Buckel, legendäre Tycoons wie David Rockefeller oder Kirk Kerkorian sind schon jenseits ihres Neunzigers.
Firmenjäger Icahn willkünftig leisertreten
Doch neuerdings fällt speziell im brutalen Finanzgeschäft auf, dass manche Größen im gehobenen Alter allmählich genug haben: Der 75-jährige Carl Icahn etwa, einer der brutalsten Firmenaufkäufer der USA, teilte seinen Investoren vorige Woche brieflich mit, dass er ihnen ab Ende April rund ein Drittel des fünf Milliarden Dollar schweren Fonds Ican Capital retournieren werde. Grund: Er möchte nicht die Verantwortung für eine mögliche Finanzkrise à la 2008 tragen. Die Verluste damals hätten ihm so zugesetzt, dass selbst die spektakulären Gewinne der letzten beiden Jahre verblasst sind.
Der Held vieler Übernahmeschlachten, der sich zuletzt vergeblich um den Energiekonzern Dynegy bemühte, steht jedenfalls mit etlichen jüngeren Leveraged-Buyout-Spezialisten wie beispielsweise den Bossen der Carlyle Group im Ring, die ihm das Leben zusehends stressiger machen. Obendrein stört es einen berühmt-berüchtigten Typen wie ihn, der in der Wahl der Mittel niemals zimperlich war, dass die Börsenaufsicht SEC einstmals ungeahndete Exzesse nicht mehr zulassen möchte und künftig etwa Hedgefonds weitaus strenger zu kontrollieren beabsichtigt.
So wie Icahn erging es auch anderen - zumeist recht betagten - Finanzhaien: Der 79-jährige Julian Robertson etwa, der mit seinem Hedgefonds Tiger Management schon vor 30 Jahren angetreten war, zog sich längst weitgehend von der Front zurück. Seit er den zeitweise zweitgrößten Fonds der Welt im Jahr 2000 auf Grund einiger Tiefschläge schloss, kümmert er sich mit eigenem Geld um jüngere Hedgefonds-Manager, die er berät und unterstützt. Unter der Marke "Tiger Seeds" wurden 40 derartige Finanzvehikel gestartet, an denen Robertson beteiligt ist.
Der erst 45-jährige Chris Shumway wiederum kündigte im November an, sich als Chief Investment Officer seiner 2002 gegründeten Shumway Capital Partners zurückziehen zu wollen. Der Finanz-Zampano, der im Schnitt immerhin 17 Prozent plus pro Jahr geschafft hat, wird den Investoren Ende März drei Milliarden Dollar überweisen. Seine 95-Mann-Firma, an der seit kurzem auch Goldman Sachs beteiligt ist, soll in Zukunft nur noch sein und das Geld der Mitarbeiter veranlagen. Shumway selbst möchte als "Super-Analyst" hochprofitable Ideen entwickeln.
Auch George Sorosspürt stärkeren Druck
Ein Generationenwechsel, meinen Wall-Street-Experten, zeichne sich im Hedgefonds-Geschäft jedenfalls deutlich ab: Selbst ein schillernder Platzhirsch wieder 80-jährige George Soros wird in absehbarer Zeit Platz machen müssen für jüngere Rivalen wie William Ackman und Dan Loeb. Der Alte rangiert, obzwar er sein Vermögen zuletzt weiter vermehren konnte, bereits hinter John Paulsen, der im Vorjahr rekordverdächtige fünf Milliarden Dollar gemacht hat und laut "Forbes" privat alles in allem 16 schwer ist. Paulson, vor vier Jahren erstmals Milliardär, gilt derzeit als Shooting-Star der Branche und verdankt es seiner 1994 gegründeten, nach ihm benannten Company in New York, dass er bereits die Nummer 39 im internationalen Geldadel ist.
Als cleverer Philanthrop mit starker Außenwirkung ist der gebürtige Ungar Soros zwar imagemäßig allen überlegen - schließlich machte er in den vergangenen drei Jahrzehnten acht Milliarden Dollar an Spenden locker -, doch etliche jüngere Konkurrenten sind ihm nah auf den Fersen (siehe Tabelle): Steve Cohen, David Tepper oder die drei Söhne des Ex-Verlegers William Ziff Jr. haben sich ebenso einen Stammplatz in der US-Finanzelite gesichert wie der erst 37-jährige John Arnold in Houston in Texas, ein ehemaliger Enron-Öltrader.
Im Gegensatz zum Trio Buffett-Icahn-Soros, das zuletzt exzellente Renditen erwirtschaftet hat, erlebte Letzterer mit seiner Centaurus Advisors das erste Jahr mit Verlusten. Trotzdem reiht sich Arnold in die Gilde der von Warren Buffett zum Spenden motivierten steinreichen Wohltäter ein: "Ich hätte niemals gedacht, dass es mir einmal so gut gehen würde."