EuGH: Form des Steins hat nur technische Gründe. | Urteil hilft Fremdherstellern wie Mega Brands und Co. | Brüssel. Bei uns sind Kopien der berühmten Lego-Bausteine kaum bekannt. Und der dänische Spielzeugkonzern tut alles dafür, damit das auch so bleibt. Mit unterschiedlichen Argumenten versucht Lego, seine Mitbewerber auf Distanz zu halten. Denn für das ursprünglich einzigartige Stecksystem gibt es leider schon seit 22 Jahren keinen Patentschutz mehr - im Jahr 1988 ist er ausgelaufen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Daher versuchten die Erben des Firmengründers Ole Kirk Christiansen - ein dänischer Tischler -, den klassischen Legostein in Rot mit zwei Reihen à vier Noppen einfach als Bildmarke schützen zu lassen. Dieses Ansinnen können Gerichte rund um den Erdball aber rechtlich nicht wirklich nachvollziehen. Vergangene Woche hat auch der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) in letzter Instanz geurteilt, dass der Baustein für die Eintragung als EU-Marke nicht geeignet ist (C-48/09 P).
Dabei hatte die Europäische Markenbehörde in Alicante (Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt/Ohim) dem Antrag Legos bereits 1999 stattgeben und das Foto des genoppten Klotzes in sein Register aufgenommen. Die kanadische Firma Mega Brands produziert aber sehr ähnliche Bausteine - ihre Mega Bloks unterscheiden sich praktisch nur durch den fehlenden Lego-Schriftzug auf den Oberseiten der Noppen. Weil die Kanadier ihr Nachbau-Spielzeug auch auf dem europäischen Markt vertreiben wollten, beriefen sie beim Ohim gegen die Lego-Eintragung. Der abgebildete Baustein habe keine Unterscheidungskraft und bestehe ausschließlich aus jener Form, die für die Erreichung seiner technischen Wirkung erforderlich sei. Die EU-Markenbehörde entfernte die Bildmarke daraufhin 2006 wieder aus ihrem Register, die Dänen klagten umgehend gegen die Nichtigkeitserklärung.
Annullierung vor zwei Jahren bestätigt
Schon der zweithöchste EU-Gerichtshof (erster Instanz) bestätigte vor zwei Jahren die Annullierung der Bildmarke. Der EuGH bestätigte jetzt dieses Urteil. Dass es für den Baustein früher ein Patent gegeben habe, sei praktisch der unwiderlegbare Beweis dafür, "dass die in ihm offenbarten oder beanspruchten Merkmale funktionellen Charakter hätten", heißt es im Schriftstück aus Luxemburg.
Durch die Streichung der Bildmarke werde sichergestellt, "dass Unternehmen nicht das Markenrecht in Anspruch nehmen können, um ausschließliche Rechte für technische Lösungen ohne zeitliche Begrenzung festzuschreiben." Denn solche Rechte würden eben im Patentrecht geregelt, das Ablaufzeiten für den Schutz vorsieht. Danach dürfen die Lösungen von allen Wirtschaftsteilnehmern genutzt werden.
Würde der Baustein dagegen beim Ohim eingetragen, "würde ein Schutz dieser Form als Marke nach Ablauf des Patents die Möglichkeiten der anderen Unternehmen, diese technische Lösung zu verwenden, auf Dauer erheblich einschränken", erläutern die Richter. Ganz ähnlich hatten bereits mehrere Gerichte geurteilt, zum Beispiel in Deutschland und Kanada.
EuGH lässt eineHintertür offen
Doch ganz hoffnungslos ist die rechtliche Lage für Lego noch nicht, der EuGH lässt eine Hintertüre für den größten europäischen Spielzeughersteller offen: Zwar könne die technisch identische Nachproduktion von selbst entwickelten Produkten durch Konkurrenten nicht durch die Eintragung einer Bildmarke verhindert werden, wenn der Patentschutz ausgelaufen ist, heißt es im Urteil. Die Situation könnte jedoch "gegebenenfalls im Licht der Regeln über den unlauteren Wettbewerb geprüft werden."
Noch sei es zu früh, um zu sagen, ob Lego diesen Weg beschreiten wird, sagte Unternehmenssprecherin Charlotte Simonsen. Zuerst müsse das Urteil ausführlich analysiert werden. Es gehe bei der Eintragung der Bildmarke im Übrigen nicht darum, Wettbewerber das Kopieren der Bausteine und deren Verkauf zu verbieten, sondern nur darum die Form des Bausteins als Marke schützen zu lassen. Die Abgrenzung im Wettbewerb mit den Konkurrenten erfolge schlicht darüber, das beste Produkt auf den Markt zu bringen.
Denn Lego hat eine große Tradition zu verteidigen: Gegründet wurde die Firma 1932 im dänischen Dörfchen Billund, wo die Firma immer noch ihren Sitz hat. Die Anmeldung der Wortmarke Lego in Dänemark erfolgte 1954. Vier Jahre später ließ Oles Sohn Godtfred das Stecksystem mit den genoppten Bausteinen patentieren und legte so den Grundstein für Jahrzehnte der Omnipräsenz in den Kinderzimmern der Welt.