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Lehrende zwischen Vertrags-Fronten

Von Andreas Gerhartl

Wirtschaft

Arbeitsverhältnis ist bei Lehrtätigkeit häufig umstritten. | Umsetzung im Arbeits-Alltag ist entscheidend. | Wien. Kaum eine sozialversicherungsrechtliche Problematik ist so sehr von Einzelfallkasuistik geprägt wie die Abgrenzung zwischen Werkverträgen, Arbeitsverträgen und freien Dienstverträgen. Es verwundert daher nicht, dass auch die sozialversicherungsrechtliche Stellung von Vortragenden, Unterrichtenden, Prüfern oder Trainern in der Praxis häufig unklar ist.


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Nach den für das Sozialversicherungsrecht maßgeblichen Rechtsgrundlagen ist als Arbeitnehmer anzusehen, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird. Ein Arbeitnehmer ist weiters auch, wer eine Lehrtätigkeit an einer Bildungseinrichtung ausübt und dafür ein Honorar erhält. Dazu zählen Universitäten, Hochschulen, Fachhochschulen, pädagogische Akademien oder allgemein- und berufsbildende höhere Schulen. Lehrende an Bildungsinstituten für Erwachsene sind davon - unter bestimmten Voraussetzungen - ausgenommen.

Eigene Betriebsmittel

Als Arbeitnehmer im Sinne der Sozialversicherung gilt darüber hinaus, wer zwar in einem freien Dienstverhältnis beschäftigt ist, aber seine Arbeitsleistungen im Wesentlichen persönlich und ohne Verwendung eigener Betriebsmittel erbringt.

Für die Zuordnung eines Vertragsverhältnisses zu einem konkreten Vertragstypus (Arbeitsvertrag, Werkvertrag, freier Dienstvertrag) kommt es nicht auf die Bezeichnung des Vertrages, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt - also dessen praktische Handhabung - an.

Angesichts der Komplexität, aber letztlich auch Unbestimmtheit dieser Vorschriften kann die verbindliche Zuordnung zu einem Vertragstyp häufig nur durch Entscheidung eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde herbeigeführt werden.

So entschied der Oberste Gerichtshof (OGH), dass ein remunerierter Lehrauftrag an einer Universität im Regelfall als Arbeitsvertrag zu qualifizieren ist. Auch ein Lektor, der zwar zu Semesterbeginn einzelne der ihm angebotenen Lehraufträge ablehnen kann, aber zur Durchführung der angenommenen Aufträge sowie zur Benotung der Teilnehmer verpflichtet ist, steht in einem Arbeitsverhältnis.

Die Arbeitnehmereigenschaft von Sprachlehrern wurde hingegen verneint. Ausschlaggebend dafür war, dass die Sprachlehrer an keine fixen Arbeitszeiten gebunden waren, sondern durch Eintragung in einem "Blocking-Buch" selbst erklärten, sich nur für bestimmte Zeiträume zur Verfügung zu stellen.

Der Arbeitnehmerstatus von einem Nachhilfelehrer, der für ein Nachhilfeinstitut tätig ist, wurde hingegen deswegen bejaht, weil die Kurstermine vom Institut vorgegeben wurden, nur ausnahmsweise verschoben werden konnten und die Lehrer zudem auch die Pausenaufsicht wahrzunehmen hatten.

Andreas Gerhartl ist Mitarbeiter des Büros der Landesgeschäftsführung des AMS Niederösterreich. Ein ausführlicher Beitrag zu diesem Thema erscheint auch in der "Arbeits- und Sozialrechtskartei" des Linde-Verlags.