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Lehrer, das ewige Mängelwesen

Von Brigitte Pechar

Analysen

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Ab Donnerstag verhandelt die Regierung mit der Lehrergewerkschaft über ein neues Dienstrecht. Das allein wäre schon schwierig genug. Fast unmöglich wird es, wenn man bedenkt, was die Lehrer alles leisten sollten: Der Jugend fehlen die Werte, Benehmen, Anstand und Pünktlichkeit sowieso! Die Jugend ist zu wenig sexuell aufgeklärt, verfügt über zu geringe politische Bildung und nur mehr über bruchstückhafte Allgemeinbildung! Und Schreiben kann sie auch nicht mehr.

Alles, was in unserer Gesellschaft gebraucht und gefordert wird, soll Schule leisten. Und das in möglichst egalitärer Form, mit Teamteaching, mit Fördern und Fordern - und ohne Sanktionen. Nur zur Info: Mittlerweile sind sogar schon Hausübungen verpönt. Auch das Festigen des Lehrstoffs, das üblicherweise mit der Hausübung erfolgt, soll in der Schule geschehen. Das Ganze dann auch noch kompetenzorientiert.

Das Problem: All diese Vorgaben sind in der derzeitigen Stundenanzahl gar nicht erfüllbar.

Trotzdem sind die rund 120.000 Lehrer schuld, wenn es nicht so läuft, wie es sollte. Kein Thema ist dagegen, was die Lehrer, was die Schule tatsächlich leisten kann - und was nicht.

Zuerst einmal wäre den Lehrern schon geholfen, wenn ihrem Berufsstand mehr Anerkennung zukäme. Es fehlt an Respekt ihnen gegenüber. Lehrern wird ihr - eher bescheidenes - Gehalt geneidet, sie müssen sich für die viele Freizeit rechtfertigen und es fehlen ihnen Mittel in jeder Hinsicht: bei der Schulausstattung - in den Städten gibt es keine Möglichkeit für die Kinder, sich auszutoben, die Sportsäle sind völlig inadäquat, es mangelt an Aufenthaltsräumen. Ja, Lehrer haben nicht einmal geeignete Arbeitsplätze in den Schulen.

Wenn die Gesellschaft von den Pädagogen all das erwartet, was Eltern nicht mehr leisten können - weil beide berufstätig sein müssen und auch wollen -, muss ihnen die Politik auch Instrumente zur Hand geben. Ja, Kinder müssen ganztägig betreut werden, aber das muss nicht durch Lehrer alleine erfolgen. Weder können noch wollen Kinder den ganzen Tag lernen. Unterricht soll sich mit Freizeit abwechseln. Aber dazu braucht es eine Infrastruktur. Und mehr Personal.

Die Anforderungen an die Schule steigen, der Alltag hält nicht mit. Die Vorgabe von Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, dass Lehrer künftig nur noch fünf Wochen Urlaub haben sollen, kann nur sinnvoll diskutiert werden, wenn das System Schule neu gedacht wird. Und ob Ex-Postbedienstete tatsächlich in der Schule gut aufgehoben sind, um Lehrer von administrativen Tätigkeiten zu entlasten, ist eine Debatte, die eher der Not als der Tugend geschuldet ist.