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Lehrer-Dienstrecht, bitte warten

Von Brigitte Pechar

Politik

Schmied: Pröll betreibt Parteipolitik. | Zugeständnis an Landeshauptleute: Länder können weiter über Direktoren bestimmen. | "Wiener Zeitung": Die Wiener Pflichtschullehrer wechselten bei den Personalvertretungswahlen von rot zu schwarz. Fühlen Sie sich mitverantwortlich? | Länder begehren Lehrer für sich


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Claudia Schmied: Ich möchte die Personalvertretungswahlen nicht kommentieren.

Die Kritik an Ihnen lautet, dass Sie bei Ihren Reformen die Lehrer-Vertreter nicht mit ins Boot holen.

Beim neuen Dienstrecht oder der neuen Lehrerausbildung ist das der Fall. Die Situation der zwei Stunden Mehrunterricht war durch Finanzminister Josef Pröll verursacht. Ausgangspunkt war das zu knappe Budget. Dann bin ich in eine Abseitsfalle getappt, der Finanzminister hat mich im Regen stehen gelassen. Pröll ist in die Rolle des ÖVP-Obmannes geschlüpft. Möglicherweise, weil ihm Fritz Neugebauer als Bündnispartner sehr wichtig ist. Das haben wir auch jetzt wieder bei den Gehaltsverhandlungen für die Beamten gesehen. Ein Klassiker: Pröll preist 55 Millionen Euro ins Budget ein, die zuständige Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek bleibt wehrhaft zurückhaltend; Pröll kehrt aus dem Urlaub auf Mauritius zurück und plötzlich sind 111 Millionen da. Das sind Muster, aus denen ich Schlüsse ziehe.

Welche Schlüsse sind das? Für die nächsten Verhandlungen zum Dienstrecht?

Ja sicher. Der Dienstgeber muss letztlich beim neuen Dienst- und Besoldungsrecht für die Lehrer geschlossen auftreten. Also entweder gemeinsam, oder man muss rechtzeitig sagen, man kann aus Gründen, die in der Partei liegen, nicht mit.

Haben Sie zum neuen Dienstrecht schon Gespräche mit den Personalvertretern geführt?

Das ist in Vorbereitung. Es geht dabei vor allem um ein neues Berufsbild der Lehrer in der neuen Schule. Dazu läuft gerade eine Umfrage an den Pädagogischen Hochschulen und den Lehramtsstudien. Das ist ein Projekt, das noch viele Gespräche geben muss - nicht zuletzt auch zwischen Unterrichts-, Finanzministerium und Bundeskanzleramt.

Das heißt, so rasch wie ursprünglich geplant (Herbst 2010) wird das neue Dienstrecht nicht kommen?

Das ist fast ein Jahrhundertprojekt, da dürfen wir uns nicht drängen lassen.

Die Kommission zur Lehrerausbildung soll im Dezember Vorschläge unterbreiten. Liegen die schon vor?

Wissenschaftsminister Johannes Hahn und ich werden die Empfehlungen der Kommission am 18. Dezember erhalten. Es ist wichtig, dass wir dieses Etappenziel noch vor dem Wechsel von Hahn nach Brüssel erreichen. Im Jänner starten wir Phase zwei mit einer breiten Diskussion mit Studierenden, Schulpartnern, Pädagogischen Hochschulen und Universitäten. Ich plane ein halbes Jahr Diskurs ein. Die Umstellung soll dann noch in dieser Legislaturperiode beginnen.

Aber noch nicht im Herbst 2010?

Nein. Ziel ist diese Legislaturperiode.

Die Frage, ob die Pflichtschullehrer künftig beim Bund oder beim Land bleiben sollen, wird Sie auch noch weiter beschäftigen. Die Landeshauptleute - vom Burgenland bis Vorarlberg - fordern die Landeskompetenz. Damit wird aber auch prolongiert, dass Landeslehrer in ein anderes Land nur wechseln können, wenn sie auf ihre Vordienstzeiten verzichten oder einen Lehrer aus dem Zielbundesland finden, der mit ihnen tauscht.

Diese Form der Länderkompetenz ist anachronistisch, sie verhindert Mobilität. Daher muss es eine österreichweit einheitliche Lösung im neuen Dienstrecht geben. Verständlich ist, dass die Länder gewisse Gestaltungsmöglichkeiten haben wollen - etwa in der Frage der Direktorenbestellung. Wie das bei der Schulverwaltungsreform weitergeht, werden wir sehen.

Bei der Neuen Mittelschule sind die möglichen 10 Prozent bereits erreicht. Die ÖVP lehnt eine Ausweitung ab, obwohl die Länder mehr NMS-Klassen fordern.

Die Neue Mittelschule ist das Erfolgsprojekt. Wir diskutieren das seit über 40 Jahren. Jetzt sehen wir, dass es die Eltern wollen. Ich bin daher für eine Ausweitung auf 20 Prozent oder für eine generelle Aufhebung der Beschränkung. Wenn das nicht kommt, wissen alle, wer die Nein-Sager sind. Aber es ist noch bis Jänner Zeit, zu einer Lösung zu kommen.

Es gibt zwei Kritikpunkte an der NMS: Mit mehr Geld kann man auch eine bessere Schule machen. Und: Es werden nur Türschilder ausgewechselt, da sich mehrheitlich Hauptschulen beteiligen.

Mir ist die Herkunft der Schule nicht wichtig. Entscheidend ist, was dort passiert, wie unterrichtet wird. Wenn dort sehr viele Kinder mit AHS-Reife eingeschrieben werden, weil das ein gutes Projekt ist; wenn kein Geld mehr für Nachhilfe ausgegeben werden muss; wenn Bildung nicht mehr vererbt wird; wenn mehr Kinder Pflichtschulabschluss haben und mehr Kinder zu höherer Bildung kommen, werden wird endlich ab 2014 die Umstellung schaffen.

Sie wollen die Nachmittagsbetreuung von 90.000 auf 200.000 Plätze erhöhen und befragen dazu bis 18. Dezember die Eltern. Gibt es schon Rückmeldungen.

Die Befragung ist ein unglaublicher Erfolg, es gibt schon mehr als 100.000 Antworten. Ein Ergebnis wird Mitte Jänner vorliegen. Die Ganztagsbetreuung ist ein wesentlicher Grund, warum Eltern ihre Kinder in Privatschulen geben. Wir haben gar keine Wahl: Unsere Schulen müssen ganztägig werden, wenn das öffentliche Schulsystem nicht ins Hintertreffen geraten soll.

Man hat den Eindruck, dass Sie mit der Neuen Mittelschule und dem massiven Ausbau der Nachmittagsbetreuung Fakten schaffen. Ist das Ihre Art, den Koalitionspartner zu überrumpeln?

Ich setze Angebote und darauf, dass sich die Nachfrage artikuliert. Das ist ein sehr pragmatischer Weg dahin zu gelangen, was wir schon vor 40 Jahren wollten: Lasst Worten Taten folgen.