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Lehrer machen bald schon Karriere

Von Petra Tempfer

Politik

Konstante Zahl an Lehramtskandidaten. | Die Ausbildung soll noch attraktiver werden. | Wien. "Die Hälfte aller Lehrer in Österreich wird zwischen 2012 und 2020 in Pension gehen", warnt Nikolaus Pelinka, Pressesprecher des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur, "dann wird akuter Lehrermangel herrschen."


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AHS-Junglehrer werden laut Cornelia Blum, Pressesprecherin der Universität Wien, nicht weniger. "Wir verzeichnen über Jahre hinweg eine relativ konstante Zahl an Lehramtskandidaten", sagt Blum, " wobei der Großteil der Absolventen weiblich ist". Von den 5000 Studenten dieses Jahres waren 68 Prozent Frauen. Gewisse Fächerkombinationen seien nach wie vor überlaufen, wie jene einer Sprache mit einem Nebenfach.

An der Pädagogischen Hochschule (PH) in Wien, wo derzeit alle Pflichtschullehrer ausgebildet werden, sei laut Rektorin Dagmar Hackl ein starker Zulauf zu vermerken. Dieses Jahr gab es um 30 Prozent mehr Studenten als in den Vorjahren. Wieder sind es hauptsächlich Frauen, die Pflichtschullehrer werden wollen. Deshalb möchte Hackl vor allem für den Beruf des Volksschullehrers vermehrt Männer werben.

Schülerzahl in Wien konstant

Da in Wien besonders an den Hauptschulen bereits Lehrermangel herrschte, hat der Stadtschulrat mit der PH einen Sondervertrag geschlossen: Im kommenden Schuljahr sollen jene angehenden Pädagogen, die nach dem alten Studienplan fertig sind und nur mehr zwei Semester für die Erlangung des Bachelor anhängen müssen, bereits im September angestellt werden. Reinhard Gruden, Leiter des Personalmanagements im Stadtschulrat, nennt die Fächer Mathematik, Biologie, Physik, Chemie, Musik und Werken als tendenziell unterbesetzt. Dafür gebe es mehrere Gründe: Die Senkung der Klassenschülerhöchstzahl auf 25 fordere mehr Personal, zusätzliche Dienstposten würden durch Pensionierungen frei und- speziell in Wien wanderten Lehrer verstärkt in die Bundesländer, ihre Heimat vor der Ausbildung, ab. Dabei ist Wien im Pflichtschulbereich das einzige Bundesland, in dem die Schülerzahlen nicht sinken. Ein erhöhter Lehrerbedarf entstehe auch durch die Förderung im Integrationsbereich, ab Herbst würde es speziell an Sonder- und Volksschullehrern mangeln.

Um dem Lehrermangel vorzubeugen, "sollen jetzt schon neue und attraktive Ausbildungsmöglichkeiten für Lehrer angeboten werden", erklärt Pelinka. Diesbezügliche Willensbekundungen der ÖVP und SPÖ sind in der Vorwoche laut geworden. Während Claudia Schmied (SPÖ), Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, für eine gemeinsame Ausbildung aller Lehrer auf universitärem Niveau plädiert, spricht sich Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) für eine Aufgabenteilung zwischen Universitäten und PH aus. Sowohl für Hauptschul- als auch für AHS-Lehrer soll die fachliche Ausbildung an der Universität erfolgen, die pädagogische hingegen an der PH. Wie sich der technische Ablauf und die Erstellung eines Lehrplans für eine solche gemeinsame Lehrerausbildung gestalten, sei Sache der Experten, meint der Minister. Volksschullehrer würden nach seinem Modell weiterhin in Form eines sechssemestrigen Bachelor-Studiums an der PH studieren. Lehrer der Sekundarstufe I (Hauptschule und AHS-Unterstufe) sollen ein achtsemestriges Bachelor-Studium, jedoch mit unterschiedlichem Inhalt, absolvieren. Für die Sekundarstufe II (AHS-Oberstufe) soll der Abschluss eines Master-Studiums Voraussetzung sein.

Qualität der Ausbildung zählt

Aus Sicht der Universitätenkonferenz (uniko) sind Hahns Vorschläge "unbefriedigend". Die Rektoren sind zwar für eine gemeinsame Lehrerausbildung von PH und Universität, die speziell von Hahn angedachte Aufgabenteilung lehnen sie jedoch ab. Den Absolventen eines Lehramtsstudiums soll wissenschaftlich fundierte Fach-, fachdidaktische und pädagogische Kompetenz vermittelt werden.

Den Rektoren der öffentlichen PH Österreichs scheint der Ort der Lehrer-Ausbildung weniger wichtig als die Vermittlung von Qualität: Langfristig sollen die Pädagogen aller Schularten bis zum Master ausgebildet werden. Ein professionell gestaltetes und von Wissenschaftern ausgeklügeltes Testverfahren zu Studienbeginn soll nicht der Selektion dienen, sondern vielmehr bei der genaueren Entscheidung des weiteren beruflichen Werdegangs helfen.

Kampf der Bundesländer

In Deutschland gibt es seit langem zu wenig Lehrer speziell der Fächer Latein, Physik, Musik und Chemie, wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtete. Das Bundesland Hessen wirbt auf Großplakaten und in Zeitungen für den Lehrerberuf- die Kampagne kostete bereits 240.000 Euro. Verbeamtungen bis zum 50. Lebensjahr, bessere Aufstiegschancen und mehr Geld werden versprochen. Was wiederum das Ministerium in Rheinland-Pfalz vergrämt, wo Hauptschullehrer im Monat um etwa 300 Euro weniger verdienen.

Seit der Föderalismusreform, der umfangreichsten Änderung des Grundgesetzes in der deutschen Geschichte, vor zwei Jahren hat aber jedes Bundesland die volle Macht über die Bezahlung seiner Beamten-wodurch ärmere Bundesländer unattraktiv werden könnten, wie Kritiker anmerken. Ein massiver Lehrermangel wird in 15 Jahren befürchtet, wenn eine Pensionswelle die Deutschen erreichen wird. Deshalb suchen sie bereits jetzt auch in den Nachbarländern verzweifelt nach Lehrern-in Österreich werden sie vermutlich nicht fündig werden.