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Lehrer und Eltern vereint gegen Schulreform

Von Brigitte Pechar

Politik

Bildungspolitik in Österreich kommt einem Wandeln auf glühenden Kohlen gleich. - Eine Analyse.


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Wien. Das Schulautonomiepaket kommt am Ende der Begutachtungsfrist stark unter Beschuss. Fast 900 Stellungnahmen wurden bisher eingebracht - bis Sonntag, dem Ende der Frist, könnten es 1000 werden. Am Donnerstag haben rund 1000 Pflichtschullehrer und Direktoren an einer Informationsveranstaltung der Wiener Pflichtschullehrervertreter teilgenommen, die massive Kritik an dem Gesetzesvorhaben geübt haben. Auch die Elternvertreter finden wenig Gutes an dem sehr umfassenden Gesetzeswerk. So ist es für den Vorsitzenden des Bundeselternverbandes, Gernot Schreyer, "ein abgehobenes Schreibtischpapier, dem die Erdung fehlt". Direktoren wehren sich gegen die Clusterbildung, sie befinden, dass eine Zusammenarbeit schon jetzt möglich sei und größere Zusammenschlüsse wieder Leiter an den einzelnen Schulen bräuchten.

Interessanterweise stimmt die Bundesschülervertretung nicht in den Protest von Eltern und Lehrern ein - im Gegenteil, sie distanziert sich von deren Stellungnahmen und Aussagen. Man ziehe einen konstruktiven Dialog mit dem Bildungsministerium vor, betonte Bundesschulsprecher Harald Zierfuß in einer Aussendung.

Clusterbildungnicht erwünscht

Eltern und Lehrer ist vor allem die Clusterbildung ein Dorn im Auge. Zur Erinnerung: Das Schulautonomiepaket sieht die Möglichkeit vor, dass bis zu acht Schulen - Pflichtschulen mit Pflichtschulen und Bundesschulen mit Bundesschulen - einen Cluster bilden können. Hintergrund ist, dass derzeit 77 Prozent der österreichischen Pflichtschulen weniger als 200 Schüler haben. Der Verwaltungsaufwand solcher Kleinschulen ist nur unwesentlich geringer als an großen Schulen - das beklagen jedenfalls Direktoren solcher Kleinschulen. Im Cluster wäre dann ein Direktor für alle zuständig, außerdem soll dafür auch Unterstützung durch Verwaltungspersonal kommen. So soll der Direktor mehr Zeit für schulplanerische und pädagogische Arbeit haben. Lehrer können an mehreren Schulen eingesetzt werden. Ein Vorteil, wenn so mehrere Schulen von speziellen Ausbildungen von Pädagogen profitieren können.

Nun stellt sich heraus, dass gerade die Cluster in der Kritik stehen. So wird kritisiert, dass dann an den Schulen nur noch Bereichsleiter sein würden und eben keine Direktoren - das wird als Verlust der zentralen Ansprechperson vor Ort gesehen. Cluster seien in Wien nicht sinnvoll, weil es da ohnehin keine Kleinschulen gebe, heißt es in den Stellungnahmen. Auf dem Land wiederum würde das zu erhöhten Ausgaben für Fahrten zwischen den Schulen, Reisespesen und Tagesgebühren für Clusterleiter führen.

Das verstehen Menschen, die nicht als Beamte tätig sind, gleich gar nicht: Warum sollen bitteschön Tagesgebühren anfallen, wenn man sich an einer anderen Schule - die noch dazu zum selben Cluster gehört - aufhält?

Die AHS-Direktoren finden wiederum, dass bei Riesenclustern an 2500 Schülern nur eine weitere Verwaltungsebene eingezogen werde, weil bei so großen Einheiten ohnehin jede Schule weiterhin eine Leitung brauche. Außerdem befinden sie, dass eine Zusammenarbeit zwischen AHS und BHS in einem Cluster nicht sinnvoll sei. Vor allem wehren sich die Lehrer dagegen, dass Schulcluster auch gegen ihren Willen gebildet werden können.

Pädagogische Freiheitennicht gefragt

Seit Jahren wird beklagt, dass die Schulen zu wenig Entscheidungsgewalt haben. In einigen Studien wird in der Schulautonomie sogar die Lösung vieler Probleme gesehen. Jetzt, wo eine teilweise Autonomie kommt - Direktoren sollen Mitsprache bei der Lehrerauswahl haben, die 50-Minuten Einheiten können aufgelöst werden, es können pädagogische Schwerpunkte gesetzt werden - gibt es Widerstand dagegen. Es wird argumentiert, dass es wieder zu größeren Gruppenbildungen (mehr als 25 Schüler) kommen wird. Das ist tatsächlich für wenige Stunden und bestimmte Projekte möglich, wird aber nicht zur Regel werden. Im Gegenzug ist dann Arbeiten mit besonders kleinen Gruppen möglich. Zu den Klassengrößen gibt es allerdings eine Studie, die besagt, dass es nicht besonders ins Gewicht fällt, ob in einer Klasse 24 oder 28 Schüler sind. Wenn über die Klassengröße besondere Erfolge erzielt werden sollen, seien zehn Schüler die Obergrenze.

Insgesamt will Bildungsministerin Sonja Hammerschmid an den Eckpfeilern der Reform festhalten, dennoch gibt es am 8. Mai neuerlich Verhandlungen mit der Lehrergewerkschaft. Eingelenkt hat Hammerschmid bereits bei einem Kritikpunkt. Die sonderpädagogische Betreuung soll kleinteilig und regional bleiben.