Studie: Volksschullehrer für Migranten schlecht ausgebildet. | Laut Hochschule mangelt es an Geld. | Wien. Dass ein Volksschulkind mit Migrationshintergrund in der Klasse sitzt, ist in Wien schon lange keine Ausnahme mehr: Knapp jedes zweite kommt laut Wiener Stadtschulrat aus dem Ausland, der Großteil aus Serbien und der Türkei. Umso mehr verwundert das Ergebnis der Studie "Migration und Schulrealität" von Elisabeth Furch, Pädagogische Hochschule (PH) Wien. Besagt dieses doch, dass "Wiener Volksschullehrer für den Unterricht von Schülern mit Migrationshintergrund schlecht ausgebildet" sind. Für professionelles Unterrichten in Klassen mit Migrantenkindern sei "zu wenig fundiertes Wissen vorhanden."
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Das Gros (86,2 Prozent) der 315 befragten Volksschullehrerinnen (aufgrund der geringen Zahl an männlichen Kollegen wurden nur Frauen befragt) hält eine Anpassung des Unterrichts an die Bedürfnisse von Migrantenkindern für notwendig. Die meisten glauben auch, über die im Schulunterrichtsgesetz vorgesehenen Integrationsmaßnahmen gut Bescheid zu wissen. In der Praxis zeigt die Studie allerdings einen "geringen Wissensstand".
Laut Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl (SPÖ) "ein Armutszeugnis" für die PH. Denn diese selbst sei für die Aus- und Weiterbildung der Lehrer in Wien verantwortlich.
"Das Manko basiert darauf, dass kein Budget für die multikulturelle Lehrerinnen-Ausbildung vorhanden ist", kontert Studienautorin Furch im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Interkulturelles Lehren werde zwar angeboten, allerdings als Wahlpflichtfach: Nur 43 Prozent der Befragten hatten dieses absolviert. "Um es zu einem Pflichtfach zu machen, wäre zielorientierte Forschung nötig - und dafür ist kein Geld da", resümiert Furch.
Förderung findet statt
"Wir nehmen diese Studie ernst", meint Stadtschulrat-Sprecher Matias Meißner dazu. Zugleich verweist er auf die laufenden Integrationsmaßnahmen: 200 Lehrer, darunter muttersprachliche, widmen sich an den rund 270 Wiener Volksschulen der Förderung ausländischer Kinder, wobei das Kennenlernen anderer Kulturen im Fokus stehe.
In den Augen der Wiener Grünen nicht genug. "Das sind homöopathische Dosen", bekrittelt Gemeinderätin Susanne Jerusalem. Dadurch finde keine Vermischung statt. Fremdsprachige Unterrichtsmaterialien könnten hingegen zur Förderung der Integration beitragen: Nur wer seine Muttersprache beherrscht, lerne leichter Deutsch. Laut Furchs Studie kommen solche Materialien derzeit "äußerst selten zum Einsatz".
Und das soll nach Ansicht der Wiener ÖVP auch so bleiben. "Deutsch ist bei uns die Amtssprache, und das gehört so vermittelt", meint Stadträtin Isabella Leeb. "Müssten die Lehrer jedes sprachliche Defizit aufgreifen, könnten sie den Lehrplan sicher nicht mehr durchziehen."