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Leichen pflastern seinen Weg

Von Wolfgang Tucek

Politik

Der ehemalige Warlord und derzeitige Noch-Präsident von Liberia, Charles Taylor, gibt sich gern als guter Christ. Während seine Soldaten massakrieren, vergleicht er sich mit Jesus. Taylors bemerkenswerter Werdegang ist von taktischer Schlauheit, guter PR und entsetzlicher Grausamkeit geprägt.


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Charles Taylor stellt sich gern als religiöser Christ dar und betätigt sich als Laien-Prediger baptistischer Prägung. Während seine Schergen brutalste Säuberungsaktionen gegen potentielle Sympathisanten der erstarkenden LURD-Rebellen durchführten, erklärte er Mitte letzten Jahres, er lege die Präsidentschaft Liberias in die Hände Jesu Christi.

Seine Abstammung erleichterte Taylors Werdegang in dem von ethischen Ressentiments geprägten Liberia. 1948 als Sohn eines aus den USA eingewanderten Schwarzen und einer Mutter vom Volk der Gola geboren, war er ethisch nicht festgelegt. Taylor genoss anfangs die Annehmlichkeiten der elitären Ameriko-Liberianer und studierte dann in den Vereinigten Staaten Wirtschaftswissenschaften.

Karriere begann unter Doe

Er kehrte gerade rechtzeitig zurück, um an der Seite des Putschisten Samuel Doe 1980 in dessen Regierung einzutreten. Als Vorsitzender der "General Services Agency" war er etwas Ähnliches wie der Finanzminister von Liberia. Nachdem ihm Doe bald darauf die Veruntreuung von fast einer Mill. US-Dollar zur Last legte, floh Taylor nach Boston. Dort wurde er verhaftet, konnte aber durch Bestechung der Auslieferungshaft entkommen.

Nach einer militärischen Ausbildung in Lybien kehrte er 1989 nach Liberia zurück und zettelte mit nur 150 Mann einen blutigen Bürgerkrieg an. Geschickt nutzte er die ethnischen Differenzen im Land. Er lancierte die Revolte in einem Gebiet mit einer Ethnie, die verfeindet war mit dem Volk der Krahn, welches wiederum die Streitmacht Does' stellte. Krahn-Kämpfer wüteten daraufhin entsetzlich. So schlossen sich tausende der NPFL (Nationale Patriotische Front Liberia) Taylors an. Doe wurde 1990 brutal ermordet. In dem noch sieben Jahre andauernden Bürgerkrieg tat sich Taylor durch den massiven Einsatz von - vielfach unter Drogen stehenden - Kindersoldaten und seine besondere Grausamkeit hervor; 600.000 Liberianer flohen. Als ihn Mitte der 90er Jahre ein BBC-Reporter darauf ansprach, dass ihn viele für nicht mehr als einen Mörder hielten, meinte Taylor, ganz Christ: "Jesus Christus wurde zu seiner Zeit beschuldigt ein Mörder zu sein".

Taylor wird Präsident

1997 hofften die Liberianer, Taylor durch seine Wahl zum Präsidenten mit einer Zustimmung von 75 Prozent zu beruhigen - ein Irrtum. Er mischte in den Bürgerkriegen der Nachbarländer Sierra Leone und Elfenbeinküste mit, indem er die dortigen Rebellen massiv unterstützte. Das brachte ihm auch die Verurteilung zum Kriegsverbrecher vom UNO-Tribunal für Sierra Leone ein.

Der erbitterte Feldzug im eigenen Land gegen die Anhänger des ermordeten Diktators Doe, die vor allem den Völkern der Krahn und der Mandingo angehören, führte schließlich zur Gründung der LURD. So hat sich Taylor in eine Situation manövriert, die der seines Vorgängers Doe vor 13 Jahren nicht unähnlich ist.