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Nicht alles, was ein Thriller ist, muss mit viel Action, Hektik und halsbrecherischen Szenen daherkommen. "Das Kindermädchen" im ZDF am Montagabend erhielt seine Brisanz durch den zeitgeschichtlichen Hintergrund und seine Qualität durch die hervorragenden Schauspieler. Der Tod einer alten Ukrainerin führt den jungen Anwalt Joachim Vernau (der wandlungsfähige Jan Josef Liefers wieder von einer neuen Seite) zu der Erkenntnis, dass die Familie seiner Verlobten, der Jungpolitikerin Sigrun Zernikow (eine gekonnt unsichere Natalia Wörner), in der NS-Zeit Zwangsarbeiter beschäftigt hat und dass jemand über Leichen geht, um gewisse Geheimnisse der Vergangenheit zu bewahren. Vernaus Versuch, die Dinge zu klären, scheint gescheitert, als die alte Freifrau von Zernikow (Inge Keller als eiskalte, ewiggestrige Nationalsozialistin im Rollstuhl) in einer gespenstischen Szene vor seinen Augen Beweisstücke ins Feuer wirft.
Sigruns Vater Utz Zernikow (der große Menschendarsteller Matthias Habich) hilft schließlich bei der Klärung des Falles mit und trifft am Ende auf jenes ukrainische Kindermädchen, das ihm einst das Leben gerettet hat und durch seinen Verrat vermeintlich hingerichtet wurde.
Die Schatten der Vergangenheit - Zwangsarbeit, Raubkunst, Denunziation - prägen diesen Film, dessen dramaturgischer Aufbau leider nicht so überzeugend wirkt wie die Darstellung. Ein nicht völlig glaubwürdiges Drehbuch nimmt man aber in Kauf, wenn es so eindringlich Dinge ins Bewusstsein ruft, die nie vergessen werden sollten.