Wenig Gegenliebe für US-Forderungen. | Griechenland muss länger auf Kredite warten.
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Wroclaw/Brüssel. Die Rahmenbedingungen für das Treffen der EU-Finanzminister am Freitag waren nicht die besten. Erst am Vortag hatte Wirtschaftskommissar Olli Rehn das Ende des Wachstums in EU und Eurozone prognostiziert. Jetzt fordert er die rasche Verstärkung des Eurorettungsschirms "European Financial Stability Facility" (EFSF) im Kampf gegen die Krise. Griechenland taumelt noch etwas länger als bisher gedacht am finanziellen Abgrund entlang. Und obwohl der Luxemburger Premier und Eurogruppenvorsitzende Jean-Claude Juncker den Schulterschluss mit den USA bekanntgab, drifteten die Konzepte auf beiden Seiten des Atlantiks deutlich auseinander. Denn gegen die Kernforderungen des ebenfalls an der Tagung in Wroclaw (Breslau) teilnehmenden US-Finanzminister Timothy Geithner verwehrten sich die Europäer. Er hatte entschiedenes Handeln, geschlossenes Auftreten, neue Konjunkturpakete und einen Ausbau des EFSF verlangt.
"Wir sehen in der Eurozone keinen Spielraum, der uns erlauben könnte, neue Konjunkturpakete aufzulegen", sagte Juncker. In diesem Punkt gebe es "eine leicht unterschiedliche Sichtweise" als in den USA. Deren Präsident Barack Obama hat gerade erst ein Konjunkturprogramm zur Ankurbelung der Wirtschaft angekündigt, während in der EU die Defizitreduzierung im Vordergrund steht. Auch eine weitere Aufstockung der EFSF, ebenso wie Finanzspritzen für die Banken, habe die Eurogruppe abgelehnt, berichtete die österreichische Finanzministerin Maria Fekter. Die im Gegenzug von EU-Staaten angesprochene Finanztransaktionssteuer - seit jeher ein österreichisches Steckenpferd - habe er wiederum "striktestens abgelehnt, der Herr Geithner", so Fekter.
Es gab auch gute Nachrichten am Gipfel: Irland und Portugal seien gut unterwegs, sagte Juncker. Die beiden Länder hatten erst unlängst Kredittranchen über 7,5 und 11,5 Milliarden erhalten. Griechenland muss dagegen weiter warten. Erst im Oktober werde die Entscheidung über die Freigabe des anstehenden Teilbetrags über acht Milliarden Euro Hilfskredite fallen, sagte Juncker. Voraussetzung für die Auszahlung ist ein positives Zeugnis der Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF). Diese Troika-Mission solle nach mehr als zehn Tagen Pause wieder nach Athen zurückkehren, erklärte Rehn. Fekter äußerte sich zuversichtlich, dass die Mittel am 14. Oktober fließen können. "Wir sind im Plan", beteuerte ihr griechischer Kollege Evangelos Venizelos.
Um den Griechen mehr Zeit für die Rückkehr auf die Finanzmärkte zu geben, sollen die Kreditlaufzeiten auf zehn Jahre ausgedehnt werden, wie Juncker erklärte. Zudem sollen alle künftigen Darlehen des Euroschirms günstiger werden. Nur noch die günstigen Zinssätze, welche der Fonds selbst am Markt zahlt, plus Verwaltungskosten sollen verrechnet werden, erklärte Juncker. Bisher war auch ein Aufschlag zu Gunsten der EFSF-Teilhaber (die anderen Euroländer) in Rechnung gestellt worden. Diese Neuregelung ist Teil des überarbeiteten EFSF-Regelwerks, welches am Freitag schließlich alle Eurozonenmitglieder unterzeichnet haben. Beschlossen wurde es im Grunde schon beim EU-Gipfel am 21. Juli.
Zu den neuen Elementen gehört die Aufstockung des verfügbaren Kapitals auf 440 Milliarden Euro, die Haftungen müssen dafür auf 780 Milliarden Euro erhöht werden. Der Fonds darf künftig auch Banken in Ländern außerhalb des Rettungsschirms rekapitalisieren, Staatsanleihen bei der Ausgabe (Primärmarkt) und auch später (Sekundärmarkt) aufkaufen und ähnlich wie der IWF Kreditlinien erhalten, mit denen er Ländern vorbeugend unter die Arme greifen kann. Das Paket muss freilich noch von den nationalen Parlamenten ratifiziert werden. Laut Rehn ist das bisher in Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg und Spanien geschehen. Problematisch ist es in dagegen im Heimatland Rehns, Finnland, Deutschland, der Slowakei und auch Österreich.
Die Vorbereitungen auf die neue Kompetenzfülle seien bereits voll im Laufen und bis Mitte Oktober jedenfalls abgeschlossen. Der Schirm habe sich als "voll anerkannter Triple-A-Emittent" etabliert. Besonders in Asien gebe es eine starke Nachfrage nach den EFSF-Anleihen.
Stabilitätspakt neu
Ebenfalls zur Sprache kam bei den Finanzministern die vorläufige Einigung auf eine Verschärfung des Eurostabilitätspakts, der um eine wirtschaftspolitische Überwachung der Euroländer angereichert werden soll. Schon vor dem Treffen in Wroclaw hatten die Verhandlungsführer des amtierenden EU-Vorsitzlandes Polen und des EU-Parlaments einen Kompromiss verkündet. Im Grunde sollen künftig rascher und automatischer Sanktionen gegen Defizit- und Schuldensünder verhängt werden können. Länder, welche die Kriterien des Pakts erfüllen (Defizit höchstens drei, Schulden maximal 60 Prozent der Wirtschaftsleistung), aber in Richtung dieser Grenzen unterwegs sind, sollen nicht so automatisch bestraft werden, wie die Abgeordneten sich das gewünscht hatten. Dafür sollen auch überdurchschnittliche Leistungsbilanzüberschüsse (Stichwort: Deutschland) korrigiert werden müssen. Die Reaktion aus Berlin steht noch aus.