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"Leichte Sprache" - schwere Kost?

Von Petra Tempfer

Politik
© WZ

Im Vormonat erschienen an dieser Stelle Artikel in "Leichter Sprache". Die Reaktionen der Leser waren gespalten.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Mit Beginn dieses Jahres ist das Gesetz für die Gleichstellung behinderter Menschen in Österreich in vollem Umfang in Kraft getreten. Bis dahin musste der Zugang zu allen Waren, Dienstleistungen und zu Information barrierefrei sein. Bis heute ist jedoch keiner der Punkte vollständig umgesetzt. Gebäudeumbauten schreiten zwar voran, eine barrierefreie Information ist aber noch lange nicht erreicht.

Um auf diesen Missstand aufmerksam zu machen, hat die "Wiener Zeitung" im Jänner in Kooperation mit dem Domus Verlag unterschiedliche Artikel in "Leichte Sprache" übersetzt. Die Artikel fielen durch ihr größeres Schriftbild auf und dadurch, dass pro Zeile nur ein Satz stand. Die "Leichte Sprache" wurde für Menschen entwickelt, die komplexe Zusammenhänge nicht sinnerfassend lesen können. Rund zehn Prozent der Österreicher sind davon betroffen. Zählt man Menschen mit Beeinträchtigungen und einer anderen Muttersprache dazu, ist die "Leichte Sprache" für 40 Prozent eine wichtige Stütze.

Sie basiert auf einem europäischen Regelwerk, das ständig weiterentwickelt wird. In Österreich hat das Social Franchise Netzwerk Capito Wien rund 170 Kriterien erarbeitet, die ein Text erfüllen muss, um das "Leicht Lesen"-Gütesiegel zu erhalten. Der Domus Verlag hat sich auf die Übersetzung in "Leichte Sprache" spezialisiert.

Insgesamt elf übersetzte Artikel waren es schließlich, die in der "Wiener Zeitung" erschienen sind. Die Reaktionen der Leser waren gespalten. Viele zeigten sich begeistert und teilten die Artikel auf Twitter und Facebook. "Eine coole Sache. Das versteht jetzt wohl jeder", schrieb ein privater Fernsehsender per Mail. "Tolle Sache, sehr viele können(!) klassische Medien nicht mehr verstehen", sagte auch Bildungsexperte Daniel Landau über den Kurznachrichtendienst Twitter.

Mediopunkte verwirrten

Andere wiederum reagierten verstört. Vor allem die sogenannten Mediopunkte, die lange Wörter zur besseren Verständlichkeit trennen, sorgten für Verwirrung. "Ist es nicht kontraproduktiv, wenn gerade im Falle der ,Leichten Sprache‘ neue Zeichen eingeführt werden?", fragte eine Leserin. Drastischer formulierte es ein User auf Facebook. "Werden die Leser für so dumm gehalten, dass sie längere Sätze nicht verstehen?", schrieb er als Kommentar.

Freilich, als täglicher Zeitungsartikel eignen sich die Texte in "Leichter Sprache" nicht unbedingt. Allein schon durch ihre Größe rauben sie wertvollen Platz. "Wir sind davon überzeugt, dass sich neben der ,Leichten Sprache‘ in der Praxis eine Mischform durchsetzen wird, die wir leicht verständliche Sprache nennen", sagt dazu der Chef des Domus Verlags, Herbert Zach. Speziell bei Informationen zu komplexen wirtschaftlichen Themen für ein breites Publikum werde sich diese Mischform durchsetzen.

Die "Wiener Zeitung" wird die Umsetzung der Barrierefreiheit jedenfalls weiter im Auge behalten. Als Nächstes wird sie Mitte März eine hochrangig besetzte Podiumsdiskussion des Finanzmarketing Verbandes zu dem Thema moderieren.

Leichte Sprache

"Leichte Sprache" ist eine speziell geregelte sprachliche Ausdrucksform des Deutschen. Sie ist besonders leicht verständlich und somit ein wesentlicher Beitrag zur Barrierefreiheit.

Der Domus Verlag hat sich auf "Leichte Sprache" spezialisiert und hat im Jänner in loser Reihenfolge ausgewählte Artikel unserer Redakteure übersetzt.

Diese übersetzten Artikel sowie deren Originale
finden Sie online unter www.wienerzeitung.at/leichtesprache