Zum Hauptinhalt springen

Leichtfrieds Allianz gegen deutsche Maut

Von Marina Delcheva

Politik

Verkehrsminister plant Treffen mit Deutschlands Nachbarstaaten wegen deutscher Mautpläne.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Dürfen sie, oder dürfen sie nicht? Österreich und Deutschland streiten gerade darüber, ob Deutschland eine Pkw-Maut einführen darf, die so ausgestaltet ist, dass die eigenen Autofahrer kaum draufzahlen müssen. Ausländische Autofahrer müssten hingegen den vollen Mautbetrag zahlen. Nun hat sich Verkehrsminister Jörg Leichtfried ein zweites Mal mit einem Beschwerdebrief an Brüssel gewandt. Nachdem er im November in einem Brief an Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz gegen die deutschen Pläne protestiert hatte, wandte er sich nun an Verkehrskommissarin Violeta Bulc.

"Niemand hat etwas gegen ein Mautsystem. Aber wenn Österreicher benachteiligt werden, müssen wir dagegen vorgehen", sagte Leichtfried am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal. Zum Hintergrund: Deutschlands Verkehrsminister Alexander Dobrindt plant noch heuer die Einführung einer Pkw-Maut. Im ursprünglichen Entwurf war vorgesehen, dass alle deutschen Autofahrer die Gebühr über die Kfz-Steuer zurückerstattet bekommen sollen und so nichts draufzahlen. Fahrer mit ausländischen Kennzeichnen zahlen hingegen die volle Gebühr, ohne Rückerstattung. Die Maut trifft vor allem Pendler, die täglich nach oder über Deutschland fahren, und Betriebe. Und davon gibt es vor allem in den Grenzregionen viele.

Kompromiss mit Kommission

Nachdem die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet hat, ruderte man dort zurück und änderte den ursprünglichen Entwurf leicht ab. Jetzt sollen nicht alle Autofahrer mit deutschem Kennzeichen gleichermaßen entlastet werden. Geplant ist, dass die Kfz-Steuer für besonders umweltfreundliche Autos deutlich gesenkt wird. Davon profitieren nicht alle deutschen Fahrer gleichermaßen. Außerdem soll es Kurzzeit-Vignetten geben. Verhandelt wird auch über Entlastungen für Pendler aus den benachbarten Regionen.

Leichtfried ist das zu wenig. "Dem Ganzen wurde nur eine Öko-Masche gegeben. Aber die Regelung diskriminiert nach wie vor indirekt andere EU-Bürger", sagt Sophie Lampl, Sprecherin des Verkehrsministers. Man habe nichts gegen Gebühren, in Österreich habe man das ja auch. Allerdings sollten alle gleichermaßen zahlen.

Dass der Verkehrsminister mit seinem Beschwerdebrief durchkommt, gilt als unwahrscheinlich. "Wir denken, dass der Tatbestand der Diskriminierung hier nicht gegeben ist", sagte EU-Kommissionssprecher Jakub Adamowicz. "Was für uns wichtig ist: dass es keine Eins-zu-eins-Kompensierung gibt in dem deutschen Gesetzesentwurf. Das ist ja korrigiert worden. Insofern geht die Kommission davon aus, dass diese Änderungen, die Deutschland zugesagt hat, dazu führen, dass keine Diskriminierung besteht." Eine gewisse Umverteilung, wie zum Beispiel über die CO2-Werte, verstoße nicht gegen EU-Recht. Außerdem wies Adamowicz die Kritik zurück, die Kurzzeit-Vignette sei zu teuer.

Allianz mit Nachbarn

Jetzt schmiedet Leichtfried eine Allianz mit Deutschlands Nachbarstaaten, bei denen die Mautpläne Dobrindts auch nicht gut ankommen. Die Niederlande haben etwa gedroht, eine Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) einzubringen. Noch im Jänner will Österreichs Verkehrsminister die Nachbaarstaaten zu einem Treffen in Brüssel laden.

Dort sollen eine "gemeinsame Rechtsposition" und eine Strategie erarbeitet werden, wie man mit der deutschen Maut verfahren soll. Deutschland selbst ist übrigens nicht eingeladen. Eine Klage vor dem EuGH schließt man hierzulande auch nicht aus. "Wir werden aber erst den genauen Gesetzestext abwarten", sagte Lampl.

In Kraft treten soll die Maut schon heuer, noch vor der Bundestagswahl im Herbst. Dass der deutsche CSU-Minister mit seinen Änderungen durchkommt, ist aber nicht in Stein gemeißelt. Sollte der neue Gesetzestext zu sehr vom ursprünglichen Entwurf abweichen, wird er wohl noch einmal vom Parlament abgesegnet werden müssen. Außerdem hat der Koalitionspartner SPD schon angekündigt, keiner Änderung zustimmen zu wollen, die deutsche Autofahrer nicht in vollem Maße entlastet. Also von der Mautgebühr befreit.

Deutschland war lange Zeit - anders als Österreich - eines der wenigen Länder ohne Mautgebühren. Bald muss man in allen Nachbarstaaten Österreichs eine Vignette kaufen oder Mautgebühren zahlen. Anders als in Deutschland, bekommen Staatsbürger die Mautgebühr dort jedoch nicht rückerstattet. Allerdings sind auch in den meisten Nachbarstaaten die Kurzzeit-Vignetten deutlich teurer als die Jahresvignette, was vor allem Touristen und Durchreisende trifft. In Der Slowakei zahlt man etwa für die Jahresvignette 50, für die 10-Tage-Vignette 10 Euro.