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Leiden an Österreich

Von Walter Hämmerle

Politik

Zwei neue Publikationen arbeiten sich am Ist-Zustand der Republik ab.


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Wien. Im politisch-medialen Komplex der Bundeshauptstadt gilt als unbestritten, dass die Länder Schuld an den meisten Übeln dieser Republik tragen. Alexander Purger, obgleich Wiener, kämpft mit seiner Streitschrift gegen diesen Zentralismus. Auf schlanken 52 Seiten formuliert der Redakteur der "Salzburger Nachrichten" ein eloquentes Plädoyer für einen konsequenten Föderalismus.

Ein solcher kann, daran lässt Purger keinen Zweifel, nur funktionieren, wenn die Länder in die Verantwortung genommen werden. Ohne Einnahmenverantwortung führt sich die Ausgabenverantwortung ad absurdum, wofür Österreich zahllose Beispiele bereithält. Das Gegenkonzept heißt Steuerhoheit.

Die Vorteile einer föderalistischen Staatsorganisation liegen für Purger auf der Hand: Effizienz staatlicher Leistungen und demokratische Legitimität politischer Entscheidungen stiegen mit der Nähe zu den Bürgern. Aber der Autor ist Realist und gelernter Österreicher genug, um zu wissen, warum das Land wohl bleiben wird, wie es ist: "Förderungen zu verteilen, bedeutet politische Macht, und die gibt man nicht so leicht ab. Bei allen Verwaltungsprozessen irgendwie mitmischen (...), bedeutet ebenfalls Macht. (...) Und wenn ein Missstand auftritt, ist immer der andere schuld. (...) Irgendwie eine angenehme Lage. Zumal die Kosten des ineffizienten Systems der Bürger trägt."

Am Ist-Zustand der Republik arbeitet sich auch alljährlich das "Österreichische Jahrbuch für Politik" ab. Dabei legt es die ÖVP-nahe Publikation mit ihrem Autorenmix aus Politikern und Experten durchaus parteienübergreifend an. Einleitend etwa suchen Staatssekretär Harald Mahrer, SPÖ-Klubchef Andreas Schieder und FPÖ-Volksanwalt Peter Fichtenbauer nach Antworten auf die Frage "Wie reformierbar ist Österreich?". Weitere Themenblöcke beschäftigen sich mit der Entwicklung von Demokratie und Parteien, dem Hypo-U-Ausschuss, dem neuen Islamgesetz, der sinkenden Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts sowie dem ewigen Umbau des Bildungssystems. Zu Letzterem findet sich ein lesenswerter Text des Philosophen Konrad Paul Liessmann.