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"Leiden Sie sehr unter Ihrer Nase?"

Von Katharina Führer

Wissen

Wie Patienten beraten werden. | "WZ"-Lokalaugenschein zwischen Botox und Silikon. | Wien. (kafü) Wie gehen Schönheitschirurgen mit potenziellen Patienten um? "WZ"-Reporterin Katharina Führer (18) besuchte zwei Wiener Chirurgen zum Beratungsgespräch über eine Schönheitsoperation. Dass sie dabei für die Zeitung recherchierte, verriet sie den Ärzten freilich nicht . . .


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# 1. Termin: Dr. Gill, Lippenkorrektur

Im 5. Bezirk - nahe der U4-Station Pilgramgasse - hat Dr. Friedrich Gill seine Praxis. Grund meines Besuches: Eine mögliche Lippenvergrößerung. Zwischen Tür und Angel begrüßt mich der Arzt: "Ich habe Sie schon erwartet." Er führt mich in sein Büro, um sich dort meinen Mund genauer anzusehen.

Sein Befund: "Die Oberlippe ist schon sehr schmal. Die bringen wir am Besten auf die Größe der Unterlippe." Da eine Lippenkorrektur besonders schmerzhaft sei, würde er mir vor dem Eingriff eine Lokalanästhesie verabreichen. Nach dem "Aufspritzen" sollte ich möglichst nicht sprechen oder lachen und mich am Besten gleich ins Bett legen.

Halten würden die "neuen Lippen" zwischen sechs Monaten und einem Jahr - zu einem Preis von 330 Euro. Dass ich erst 18 bin, ist für den Arzt kein Thema. "Vorh er-Nachher-Fotos habe ich leider nur von Fettabsaugungen. Lippenaufspritzen geht ja ganz schnell, das mach ich nur so nebenbei," antwortet er auf meine Frage nach Anschauungsmaterial. Dafür bekomme ich zum Abschied eine Visitenkarte und eine Broschüre über "langanhaltende und natürliche Schönheit".

2. Termin: Dr. Worseg, Nasenkorrektur

Einen Tag später finde ich mich, mit dem Vorwand an einer Nasenkorrektur interessiert zu sein, im Döblinger Aesthetic Center des "ATV-Chirurgen" Dr. Artur Worseg ein. Ich folge dem Schild "Anmeldung im 1. Stock". Oben drückt mir eine blonde Sekretärin mit Brille auf der Stupsnase ein Anmeldeformular in die Hand und schickt mich damit ins Wartezimmer. Während ich meine Personaldaten ausfülle, lausche ich leiser klassischer Musik und bewundere Dschungel-Impressionen auf einem Flachbildschirm.

Nach einigen Minuten werde ich in Dr. Worsegs Büro geleitet. Auf einem kleinen Couchtischchen liegen, neben Prospekte und Visitenkarten, Silikonimplantate zur Ansicht. Nach einer Viertelstunde kommt eine andere Dame mit den Worten "der Herr Doktor verspätet sich leider" ins Zimmer. Sie werde sich in der Zwischenzeit mit mir befassen, erklärt sie.

Nachdem sie meine Nase kritisch betrachtet hat, fragt sie: "Leiden Sie sehr unter Ihrer Nase? Wahrscheinlich zeigen Sie sich nur von vorne!" Zehn Minuten später betritt Dr. Worseg das Zimmer und übernimmt von nun an das Wort. Ich folge seiner Anweisung als er mich bittet, ihm meine Nase von der Seite zu zeigen.

"Ein Familienerbstück," vermutet er. "Also, die beste Lösung für Sie wäre, Ihre Nase in einer Vollnarkose zu behandeln. Einfaches Abschaben des Höckers hätte da keinen Sinn."

Er macht mich auch auf eine nicht auszuschließende Nachoperation aufmerksam. 6000 Euro würde mich eine "neue" Nase kosten. Nach 20 Minuten werde ich entlassen, bekomme von der Sekretärin eine Info-Mappe in die Hand gedrückt und verlasse das Aesthtic Center.

3. Termin - kein Termin: Erstgespräch zu teuer

Da ich bereits zwei männliche Ärzte aufgesucht habe, möchte ich mir diesmal eine Frau vornehmen. Sechs Wiener Fachärztinnen verlangen aber für ein Erstgespräch zwischen 60 und 100 Euro. Das Angebot von Dr. Greta Verena Nehrer, den Betrag wieder rückerstattet zu bekommen, falls ich mich tatsächlich für die OP entscheiden sollte, kann ich auch nicht annehmen. Und als ich Dr. Elisabeth Würinger nach einem kostenlosen Gespräch frage, verabschiedet sie mich mit den Worten: "Wenn Ihnen das so wichtig ist, sind wir keine guten Partner."