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Heute dreht sich alles um Absagen und Abschiede: Selbst dem Kanzler ist da sentimental zu Mute.
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Die Politik hätte nach den vergangenen zwei Jahren den Bürgern einiges zu erklären und wohl auch gutzumachen. Eine gute Gelegenheit, das Schaffen von Abgeordneten und Parlament in ein günstiges Licht zu rücken, entfällt allerdings heuer: Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) hat am Donnerstag aufgrund von Druck der roten Personalvertretung den "Tag der offenen Tür" zum Nationalfeiertag am 26. Oktober abgesagt. Grund: die große Arbeitsbelastung der Mitarbeiter.
In einem internen Mail heißt es dazu: "Mit Hinweis auf die bereits vergangenen und noch bevorstehenden Herausforderungen, wie die Republik-Ausstellung, sowie im Hinblick auf die konstituierende Sitzung des Nationalrates und sonstige parlamentarische Aktivitäten in diesem Jahr hat nun unsere Präsidentin (.. .) auf Initiative der FSG den seit einigen Jahren traditionellen Tag der offenen Tür" abgesagt." Und weiter: "Somit können wir alle dieses Jahr den Nationalfeiertag ganz privat genießen (vielleicht mit dem Besuch bei einem Tag der offenen Tür in der Hofburg)."
Tatsächlich hat sich die Zahl der öffentlichen Veranstaltungen im Parlament in den letzten Jahren vervielfacht, letzte Großereignisse waren etwa die Fußball-Euro 2008 und die Nationalratswahl am 28. September.
Verständnis für die Überlastung der Parlamentsmitarbeiter kommt auch von Eva Glawischnig. Die Dritte Nationalratspräsidentin von den Grünen hätte allerdings in politikverdrossenen Zeiten wie diesen lieber andere Veranstaltungen als den "Tag der offenen Tür" abgesagt.
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Kollegen, Freunde und ehemalige Studenten - an ihrer Spitze Bundeskanzler Alfred Gusenbauer - waren diese Woche ins Dachgeschoß des Wiener Juridicums gekommen, um Peter Gerlich, Vorstand des Instituts für Staatswissenschaften, zu verabschieden. Und wenn man den Laudatoren Glauben schenken darf, so beginnt für einen Universitätsprofessor mit der Emeritierung das Paradies auf Erden, das da lautet "alle Rechte, keine Pflichten".
Angesichts dieser Aussichten vermisste der Kanzler in seiner Rede launig, "dass es schade ist, dass es den Status des emeritierten Bundeskanzlers nicht gibt". Ansonsten freute sich der ehemalige Gerlich-Student, dass er künftig wieder mit dem Professor emeritus "auf gleicher Augenhöhe" diskutieren könne. Bis dato sei dies nicht möglich gewesen, da doch Studenten mit Vorliebe ihre Professoren und Professoren wiederum mit ebensolcher Leidenschaft die Politiker kritisierten. Und als Beleg zitierte der Kanzler ausgerechnet aus dem letzten "Wiener Zeitung"-Interview Gerlichs, in dem dieser die Bedeutung der nationalen Politik im Angesicht des vereinigten Europas für den Geschmack des Kanzlers allzu klein redete.
Demnächst herrscht also wieder Waffengleichheit zwischen den beiden "Emeriti".
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