Novelle des AÜG bringt Angleichung | an Rechte des Stammpersonals.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Nachdem sich die Sozialpartner im Sommer dieses Jahres einigen konnten, erfolgt nun mit 1. 1. 2013 die schon seit Dezember 2011 fällige Umsetzung der EU-Richtlinie über Leiharbeit (2008/104/EG).
Knackpunkt der zähen Verhandlungen war offenbar der Entgeltanspruch von Leiharbeitnehmern während der Überlassung an ein anderes Unternehmen (Beschäftiger). Nach geltendem Recht dürfen zwar die Löhne der Leiharbeiter das kollektivvertragliche Mindestentgelt des Beschäftigers nicht unterschreiten. Zahlt jedoch der Beschäftiger seiner Belegschaft einen höheren Lohn (IST-Lohn), so kann sich ein Leiharbeitnehmer darauf nicht berufen.
Die Leiharbeits-Richtlinie sieht hingegen vor, dass die "wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen" der Leiharbeitnehmer (zumindest) jenen im Falle einer direkten Anstellung beim Beschäftiger zu entsprechen haben.
Der Grundsatz "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" dürfte jedoch für Leiharbeitnehmer in Österreich auch in Zukunft nur selten zu Anwendung kommen. Im Zuge der Sozialpartnerverhandlungen wurde hiervon nämlich die in der Praxis vorherrschende Konstellation ausgenommen, dass Beschäftiger und Überlasser jeweils einem Kollektivvertrag angehören. Der Gesetzgeber stützte sich dabei auf eine "Öffnungsklausel" in der Leiharbeits-Richtlinie.
Eine Angleichung erfolgt hingegen beim Zugang zu den Wohlfahrtseinrichtungen der Beschäftiger, wie Kantinen, Kindergärten und betriebseigenen Beförderungsmitteln (zum Beispiel Werksbusse). Diese Vergünstigungen sind Leiharbeitnehmern künftig ebenfalls zu gewähren, sofern nicht sachliche Gründe eine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Der Beschäftiger hat überdies die betriebliche Aus- und Weiterbildung von Leiharbeitnehmern zu fördern.
Davon abgesehen wurden die gesetzlichen Diskriminierungsverbote nunmehr explizit auch auf das Verhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Beschäftiger erstreckt. Führt also etwa die sexuelle Belästigung einer Leiharbeiterin durch einen Vorgesetzten des Beschäftigers zur Beendigung der Überlassung und in der Folge zu ihrer Kündigung, so kann die Dienstnehmerin den Überlasser auf Wiedereinstellung klagen. Darüber hinaus besteht ein Anspruch auf Schadenersatz gegenüber dem Beschäftiger und dem Überlasser, wobei Letzterer vom Beschäftiger den Ersatz sämtlicher Kosten verlangen kann.
Völlig neu ist hingegen die Einrichtung eines Sozial- und Weiterbildungfonds, den die Leiharbeits-Richtlinie nicht vorsieht. Dieser Fonds soll Leiharbeitnehmer während der überlassungsfreien Zeiten ("Stehzeiten") unterstützen, entweder durch finanzielle Zuschüsse oder durch die Finanzierung von Weiterbildungsmaßnahmen. Aber auch Überlasser können daraus Leistungen beziehen, wenn sie das Arbeitsverhältnis von Leiharbeitnehmern nach dem Ende eines Auftrags aufrechthalten. Die Finanzierung des Fonds erfolgt durch Beiträge der gewerblichen Arbeitskräfteüberlasser sowie aus Mitteln der Arbeitsmarktpolitik. Für überlassene Arbeiter beginnt die Beitragspflicht bereits am 1. 1. 2013, für Angestellte erst ab 1. 1. 2017. Der Beitrag steigt stufenweise von 0,25 Prozent (2013) bis 0,8 Prozent (ab 2016) der Beitragsgrundlage nach ASVG.
Aber auch auf manche Beschäftiger kommen ab 1. 1. 2014 neue finanzielle Belastungen zu. Ab diesem Zeitpunkt sind nämlich die Leiharbeiter in ein betriebliches Pensionskassenmodell (oder in eine betriebliche Kollektivversicherung) beim Beschäftiger einzubeziehen, sofern nicht eine gleichwertige Alternative beim Überlasser selbst besteht. Allerdings betrifft dies nur jene Leiharbeitnehmer, die bereits seit mehr als vier Jahren beim Beschäftiger verwendet werden.
Andreas Tinhofer ist Rechtsanwalt und Partner in der Kanzlei MOSATI Rechtsanwälte.
www.mosati.at