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Leiser Abschied vom Job

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft
Nine to five heißt nine to five und keine Minute länger: Laptop zuklappen, Feierabend. Quiet Quitters, vor allem jüngere, schauen auf sich und auf eine ausgewogene Work-Life-Balance.
© stock.adobe.com / tanaonte

Was steckt hinter dem Trend Quiet Quitting?


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In den sozialen Medien tauscht man sich über alles Mögliche aus, auch über den Job. Seit etwa einem Jahr geistert das Schlagwort Quiet Quitting durch die Kanäle. Die "stille Kündigung" ist der neueste Trend, vor allem bei jüngeren Erwerbstätigen. Das Thema "Quiet Quitting and the Meaning of Work" stand sogar beim diesjährigen Weltwirtschaftforum in Davos auf der Tagesordnung. Doch was steckt dahinter?

Influencerin und Karriere-Coach Allison Peck ist nicht ganz zufrieden mit der Bezeichnung: "You are not quitting, you are taking care of yourself", versucht sie, das Phänomen auf den Punkt zu bringen. Auf gut Deutsch: Lass’ dich in der Firma nicht für Extra-Aufgaben einspannen, die nicht in deinem Vertrag stehen und kümmere dich nur um dein Ding. Das muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass man seinen Job nicht mag. "Mit Quiet Quitting bringen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Ausdruck, dass sie nur das tun werden, wofür sie bezahlt werden", sagt Björn Toonen, CEO der Österreich-Tochter des internationaler Personaldienstleisters Randstad.

Einsatz für die Firma:Nicht mehr als nötig

Stille Kündigung sei nicht mit innerer Kündigung gleichzusetzen, denn die Quiet Quitter würden ihre Arbeit grundsätzlich gut finden. Sie seien nur nicht bereit, zusätzliche Arbeit zu leisten. "Vor allem die jüngeren Generationen wollen keine Überstunden mehr machen und sind nicht bereit, sich im Job zu verausgaben. Stattdessen steht ihre körperliche und geistige Gesundheit im Vordergrund", weiß Toonen. Das stelle die Unternehmen - auch in Österreich - vor große Herausforderungen, da sie aufgrund des Arbeitskräftemangels von ihren Beschäftigten mehr Leistung verlangen müssten.

Laut Randstad-Workmonitor 2023, der auf einer Befragung von 1.000 Österreicherinnen und Österreichern zwischen 18 und 67 Jahren beruht, hat hierzulande fast ein Drittel der Befragten schon einmal "still gekündigt". In der Gruppe der 25- bis 34-Jährigen war der Anteil mit 40,6 Prozent höchsten, bei den 45- bis 54-Jährigen am niedrigsten (22,8 Prozent).

In den USA fielen laut einer im Vorjahr durchgeführten Gallup-Umfrage 54 Prozent der nach 1989 geborenen Beschäftigten in die Kategorie der Quiet Quitter, denen Gallup-Forscher Jim Harter das Attribut "not engaged" zuschreibt: Sie erscheinen zur Arbeit und machen das Minimum.

Der Wiener Arbeitspsychologe und Geschäftsführer der IBG (Innovatives Betriebliches Gesundheitsmanagement) GmbH, Gerhard Klicka kann Quiet Quitting viel abgewinnen. Für ihn handelt es sich dabei um eine gesunde Abgrenzung zum Job, die vor allem ältere Erwerbstätige oft mühsam erlernen müssten. Angehörige der Generation 50plus hätten in jungen Jahren viel gratis gearbeitet und viel in ihren Job "hineingebuttert", um beruflich weiterzukommen. Die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt sei damals aber auch härter gewesen, räumt Klicka ein. "Unter jungen Menschen herrscht heute auch nicht mehr diese Autoritätshörigkeit wie früher", ergänzt er.

Bei einer inneren Kündigung haben Arbeitnehmer schon mit ihrem Job abgeschlossen, und sie gehen nur mehr widerwillig in die Arbeit. Warum kündigen sie dann nicht einfach? "Oft ist das nicht möglich, zum Beispiel aus finanziellen Gründen", sagt Klicka.

Wenig Bewunderung fürDienst nach Vorschrift

Bleibt die Frage, welche Nachteile es für Unternehmen und für die Kollegen bedeutet, wenn ein Teammitglied nur das Allernötigste macht. Das britische Meinungsforschungsinstitut YouGov hat dazu im November 2022 im Auftrag der Jobplattform Monster in Deutschland eine Umfrage durchgeführt. Fazit: "Jeder dritte Befragte ist genervt und gestresst davon, wenn er die Arbeit von weniger engagierten Kollegen mit auffangen muss, um im Job Fortschritte zu machen und beispielsweise ein Projekt fristgerecht abzuschließen", heißt es. Die Hälfte der Befragten würde mit der Kollegin oder dem Kollegen sprechen und versuchen, gemeinsam zu einer fairen Lösung zu kommen. Immerhin 7 Prozent bewundern die gleichgültige Einstellung des Teammitglieds. 16 Prozent sind die Quiet Quitter gleichgültig. 18 Prozent setzen die eigene Mehrleistung als Argument in einer Gehaltsverhandlung ein.

Aus der Karrierecoaching-Branche kommen auch warnende Stimmen. Wer immer schon mehr als nach den vertraglichen Vorgaben gearbeitet hat, dann aber seine Arbeitsleistung schlagartig zurückfährt, fällt auf und könnte sich damit die Karriere in seiner Firma verbauen, heißt es.

Jobmesse in derWiener Marx-Halle

Quiet Quitter stehen auch im Fokus einer Jobmesse am 21. November in der Wiener Marx-Halle. Veranstaltet wird sie von dem ehemaligen Medienmanager Bernhard Ehrlich. Er hat 2015 die private Initiative "10.000 Chancen" ins Leben gerufen und seither schon hunderte arbeitswillige Menschen niederschwellig auf mehreren Großevents mit Arbeitgebern zusammengebracht. Diesmal richtet sich die Veranstaltung im After-Work-Format (14 bis 21 Uhr) an Job-Changer. Sie werden die Gelegenheit bekommen, mit Personalverantwortlichen von bis zu 200 Firmen und Institutionen in Kontakt zu treten.