Wer autoritäres Gehabe erwartet, wird von den Grünen enttäuscht werden.
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Wien. Sie gehört zur grünen DNS: die Inklusion. Alle sollen mitreden. Alle sollen gehört werden. Alle sollen sich einbringen. Das ist die grüne Doppelhelix seit Hainburg. Egal wie viele Schlachten geschlagen wurden, egal wie viele Abstimmungen gewonnen wurden und vor allem - egal wie nah man der Macht ist.
Die grüne Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou erinnert daran, wenn sie Mittwochvormittag zum All-Parteien-Gipfel in ihr Büro im Wiener Rathaus geladen hat. Eineinhalb Stunden hat sie sich mit den Klubobmännern von SPÖ, ÖVP und FPÖ zusammengesetzt. Um auszuloten. Um einen Konsens zu finden. Um eine breite Basis für das Projekt Mariahilfer Straße Neu zu sichern, für das sich 53,2 Prozent der Anrainer bei der Befragung ausgesprochen haben.
So will man sich nun etwa Haltemöglichkeiten für Ladetätigkeiten und Nachtparken auf der Fußgängerzone ansehen. Außerdem soll ein Konzept für "Querungshilfen" in den Begegnungszonen für sehbehinderte oder ältere Personen erarbeitet werden. In den nächsten Wochen soll das Querungskonzept für Autofahrer von Verkehrsexperten und unter Einbeziehung von Handel, Wirtschaftskammer und Bürgerinitiativen erarbeitet werden.
"Wir dürfen nicht vergessen, dass 46,8 Prozent der Bürger dagegen waren", sagt Vassilakou. "Wie man mit diesen Leuten umgeht, ist sehr zentral in einer Demokratie. Ich will keine Gräben hinterlassen und ich will niemanden das Gefühl geben, dass seine Anliegen irrelevant sind, weil er nicht auf der Seite der Gewinner war am Abend der Auszählung", erklärt die Vizebürgermeisterin.
Das grüne Erbgut will gepflegt werden
Monatelang ist Vassilakou dafür mit ihren Mitstreitern durch Mariahilf und Neubau patrouilliert. Sie hat angeklopft, diskutiert, zugehört und mitreden lassen. Und sie hat gewonnen. Die Fußgängerzone wird gebaut. Die Begegnungszone auch.
Nun geht es um die Details. Und wieder wird sie diskutieren, zuhören und mitreden lassen. So sieht das grüne Erbgut nun einmal aus. Inklusion auf allen Ebenen. "Ich verstehe nicht, woher die Sehnsucht nach autoritärem Gehabe kommt. Ich kann sie nicht erfüllen, bedauere", sagt sie zur "Wiener Zeitung." "Mit Macht umzugehen in der Politik, bedeutet nicht autoritäres Gehabe an den Tag zu legen. Es bedeutet das Gegenteil."
Die Opposition scheint Gefallen zu finden am grünen Machtverständnis: "Die Gespräche waren konstruktiver, als es zu erwarten war", meint der Wiener ÖVP-Chef Manfred Juraczka. Man habe sich auf ein "Demokratiepaket" verständigt, damit Befragungen wie jene zur Mariahilfer Straße "nicht mehr im rechtsfreien Raum" stattfinden. Auch der Landesparteiobmann der Wiener FPÖ Heinz-Christian Strache begrüßt es, dass künftig klare Regeln für vergleichbare Befragungen in die Stadtverfassung geschrieben werden - wenngleich seine Partei die Anrainerbefragung zur Mariahilfer Straße wiederholt als "private Umfrage" bezeichnete.
In den nächsten Tagen will sich Vassilakou mit Vertretern des Handels und Verkehrsexperten zusammensetzen, um diverse Fragen zu besprechen. "Einerseits geht es hier darum, dem Handel und den Anrainern die Möglichkeit zu geben, ohne große Umwege unterwegs zu sein, andererseits aber auch darum, dass die erzielten Verkehrsberuhigungsmaßnahmen nicht zunichtegemacht werden", sagt sie. Hinsichtlich der Radfahrer in der Fußgängerzone bekräftigt sie, dass es im Frühjahr diverse Aufklärungsmaßnahmen an Ort und Stelle geben wird.
Zum Fahrplan der neuen Fußgängerzone: Noch Mitte März soll die Ausschreibung für die Umgestaltung der Shoppingmeile in eine Fußgänger- bzw. Begegnungszone starten. Die Vergabe der Arbeiten wird voraussichtlich Mitte Mai erfolgen, der Baubeginn unmittelbar nach der Vergabe.