Deutschland rückt dem harten Lockdown näher. In Österreich spielt immer noch die Parteipolitik ihre Spielchen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 3 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Was Europas Flächenstaaten angeht, so hat sich Deutschland über den Sommer als "Best Practice"-Beispiel beim Corona-Management positioniert. Während Österreichs Ansteckungszahlen im Herbst explodierten, gelang es unseren Nachbarn, die Ausbreitung mit deutlich größerer Disziplin zu kontrollieren.
Seit Wochen allerdings bewegen sich die Ansteckungszahlen wieder nach oben, und dies trotz eines seit Wochen in Kraft befindlichen gemäßigten Lockdowns.
Bei Angela Merkels Regierung lässt das mit Blick auf die Weihnachtsfeiertage die Alarmglocken schrillen. Emotional wie selten kämpfte die Kanzlerin am Mittwoch im Bundestag um einen harten Lockdown noch vor Weihnachten und dann erneut nach den Feiertagen.
Österreich sollte sich diese Vorsicht zu Herzen nehmen. Nach massiven Beschränkungen stehen wir erst am Beginn einer Entspannung in den Intensivstationen und Krankenhäusern zwischen Neusiedler See und Bodensee; auch hier ist die Gefahr akut real, dass die Weihnachtsfeiertage den Boden für die nächste Eskalation der Situation im Februar und März bereiten werden. Denn eine Impfung wird, auch so viel ist klar, erst ab dem Frühjahr die Lage nachhaltig entspannen.
Offensichtlich lässt sich eine zweite Welle auch dann nicht verhindern, wenn es Menschen wie Politik disziplinierter und umsichtiger angehen als in Österreich. Das heißt nicht, dass es ohne Relevanz ist, wie Politik und Bürger agieren; im Gegenteil: Deutschland dürfte etwa die Feiertage deutlich geschickter für die Pandemiebekämpfung nutzen als Österreich, das bereits im November mit einem harten Lockdown reagieren musste.
Diese Pandemie hat die Kraft einer Naturgewalt, an der alle Versuche der Parteipolitik scheitern, ihre Wucht zum eigenen Vorteil zu nutzen. Wenig ist erbärmlicher, als Parteipolitik im Angesicht von tausenden Toten und noch gar nicht abschätzbarer wirtschaftlicher Not.
Und noch eine Lektion: Wenn jede Maßnahme gegen die Pandemie - von den Masken über die Schulen bis zu den Massentests - zum Ausdruck eines politischen Glaubensbekenntnisses stilisiert wird, muss man sich nicht wundern, dass auch die Wirkung dieser Maßnahmen weit hinter ihren Möglichkeiten bleibt. Und so, wie es derzeit aussieht, bekommen wir die Endabrechnung für all diese Spielchen in Form einer viel zu niedrigen Impfrate präsentiert.
Diese Pandemie narrt die Inszenierungen der Regierenden wie die Besserwisserei der Opposition mit einer Leichtigkeit, die uns trotz Impfung die Sorgenfalten auf die Stirn zeichnen sollte.