Textilkonzern meldet um ein Viertel weniger Gewinn im ersten Halbjahr. In Heiligenkreuz droht mit einem Gasstopp eine kritische Situation.
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Auf den ersten Blick sehen die Halbjahres-Zahlen von Faserproduzent Lenzing nicht gerade berauschend aus: Das Periodenergebnis sank um rund ein Viertel auf 72,3 Millionen Euro. Das operative Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) verringerte sich im Vergleich zur Vorjahresperiode um 13,3 Prozent auf 188,9 Millionen Euro.
"Im ersten Halbjahr 2022 haben wir enorm viel auf den Weg gebracht, um unsere ambitionierten Wachstums- und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen", betont jedoch Stephan Sielaff, Vorstandsvorsitzender der Lenzing Gruppe bei der Präsentation der Halbjahresbilanz am Mittwoch.
Kritische Energiefrage
An allen seinen weltweit neun Standorten, drei davon sind in Europa, kämpfe der Faserkonzern mit gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. "Ein echtes Risiko für einen Versorgungsengpass gibt es nur in Kontinentaleuropa", führt Sielaff aus.
Die Situation am Standort Heiligenkreuz im Burgenland mit seinen rund 400 Mitarbeitern bezeichnet er dann gar als "sehr, sehr kritisch".
Anschließend betont der Konzernchef jedoch die gute Zusammenarbeit mit dem Land Burgenland und der Burgenland Energie, welche die Energieversorgung des Standortes nachhaltig und autark gestalten soll. Photovoltaik, Biomasse und Geothermie sollen in Heiligenkreuz künftig statt Erdgas zum Einsatz kommen. Allerdings werde diese Umstellung etwa eineinhalb Jahre benötigen, schätzt Sielaff.
Von der österreichischen Bundesregierung erhofft sich der Vorstandsvorsitzende "mehr Unterstützung", mehr Flexibilität, mehr maßgeschneiderte Lösungen und kein "dogmatisches Festhalten an EU-Richtlinien".
Bereits seit Jahren rüstet Lenzing seine Produktionen weltweit auf mehr Eigenversorgung mit Energie um. Für die Zukunft setzt der Faserhersteller seinen Fokus weiterhin auf nachhaltige Premium-Fasern, aber auch verstärkt auf Kreislaufwirtschaft.
Nachhaltige Schlüsselprojekte
Diesem Vorsatz entsprechen auch zwei Schlüsselprojekte, die Lenzing in Brasilien und Thailand zuletzt umsetzte und die nun in Produktion gehen.
In Thailand eröffnete man im März nach zweieinhalb Jahren Bautätigkeit ein Lyocellwerk mit einer Nennkapazität von 100.000 Tonnen pro Jahr. Laut Eigenangaben ist es das größte seiner Art und CO2-neutral.
Gemeinsam mit den Produktionsstandorten in China und Indonesien will Lenzing bis 2024 so 75 Prozent seines Faserumsatzes aus dem Geschäft mit holzbasierten, biologisch abbaubaren Spezialfasern erzielen. Die Faserzellstoffanlage in Brasilien, die Ende 2022 komplett hochgefahren sein soll, hat eine Nennkapazität von 500.000 Tonnen und bricht ebenfalls Größenrekorde, wie Sielaff betont.
Auf beide Projekte sei man "mächtig stolz", da sie trotz pandemischer Herausforderungen pünktlich und unter Einhaltung des Budgets fertiggestellt wurden. Beide Werke sollen in Zukunft jedenfalls einen erheblichen Beitrag zum Konzernergebnis liefern.
Immerhin wird erwartet, dass der weltweite Bedarf an nachhaltigen Fasern für Textilien, Hygieneartikel und Medizinprodukten weiter steigt.
Konzernchef Sielaff prognostiziert daher für das Gesamtjahr 2022 ein Ebitda "deutlich über jenem von 2021" (362,9 Millionen Euro). Bis 2027 strebt der Konzern ein Ergebnis von "über einer Milliarde Euro" an, wird betont.