Berlusconi setzte sich mit seiner Forderung nach Abschaffung der Immobiliensteuer auf Erstwohnung durch
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Rom. Italiens neuer Premierminister Enrico Letta, dessen Regierung am Sonntag von Staatspräsident Giorgio Napolitano angelobt worden war, legte in seiner Regierungserklärung vor dem Abgeordnetenhaus am Montagnachmittag ein klares Bekenntnis zu den Werten eines vereinigten Europa ab. In seiner Rede, die nur knapp länger als eine halbe Stunde dauerte, kündigte er institutionelle Reformen und eine Änderung des Wahlrechts, sowie eine Entlastung für die Menschen an. So soll etwa die von Berlusconi geforderte Abschaffung der Immobiliensteuer auf Erstwohnungen - mit wenigen Ausnahmen - kommen. Der Wegfall dieser Steuer kostet rund 4 Milliarden Euro. In der Wirtschaftspolitik müsse man im Interesse des Wachstums eine Kehrtwende einleiten, die von der Austeritätslinie wegführe, forderte Letta und deutete beine gemeinsame Front mit Frankreich an. Als Ermunterung wertete er auch die Glückwünsche des amerikanischen Präsidenten Barack Obama an seine Adresse, in denen der US-Präsident für ein Wachstum auf beiden Seiten des Atlantiks eingetreten ist. Klar trat Letta gegen jeglichen Versuch auf, die Interessen und die Zukunft Italiens gegen jene der EU auszuspielen.
Die Vertrauensabstimmungen über die neue Regierung in der Abgeordnetenkammer und im Senat sollen heute, Dienstag stattfinden. Die 5.-Sterne-Bewegung (M5S) Beppe Grillos, sowie die mit Berlusconi verbündeten Rechtsparteien Lega Nord und Fratelli d‘Italia, sowie die linksökologische SEL des apulischen Regionalpräsidenten Nichi Vendola, die in einem Wahlbündnis mit der Demokratischen Partei (PD) angetreten war, haben bereits angekündigt, dass sie in Opposition bleiben werden. Innerhalb der PD zeichnete sich am Montag ein nachlassender Widerstand des linken Flügels gegen eine Koalition ab, in der auch Minister aus der Berlusconi-Partei PdL vertreten sind.
Enrico Letta hatte sein aus 21 Ministern bestehendes Kabinett, dem nur sechs bisherige Regierungsmitglieder angehören, davon drei aus der Regierung Monti, am Samstag vorgestellt.
Die Regierung Lettas ist die jüngste in der italienischen Geschichte. Jedes dritte Regierungsmitglied ist eine Frau. Die frühere EU-Kommissarin Emma Bonino, die auch als Präsidentschaftskandidatin gehandelt worden war und sogar auf der Vorwahlliste der Grillini stand, wird neue Außenministerin, die bisherige Innenministerin Annamaria Cancellieri wechselt ins Justizressort, Unterrichtsministerin wird die PD-Politikerin Mariachiara Carozza. Die PD stellt mit der aus dem Kongo stammenden Cécile Kyenge und der gebürtigen deutschen Olympiasiegerin Josefa Idem zwei weitere Ministerinnen, Nuncia De Girolamo und Beatrice Lorenzin treten für die PdL ins Kabinett ein. Acht Minister und den Regierungschef stellt die PD, fünf die PdL, darunter den Innenminister Angelino Alfano, der auch Vizeregierungschef wird, drei Ressortchefs - darunter den Verteidigungsminister und den Europaminister stellen die Zentrumsparteien Bürgerwahl von Mario Monti und die christdemokratischen UDC. Vier Minister - darunter Wirtschaftsminister Fabrizio Saccomanni und Arbeitsminister Enrico Giovannini - sind Experten. Dazu kommt noch der bisherige Staatssekretär im Amt des Ministerpräsidenten, Filippo Patroni Griffi.
Die Angelobung wurde von einem Anschlag vor dem Regierungssitz, dem Palazzo Chigi überschattet. Ein 49-jähriger Mann, der sagte, er habe dort einen Politiker treffen wollen, hatte mit Schüssen drei Menschen verletzt, darunter zwei Carabinieri, von denen einer am Hals getroffen wurde.