Ein Todesfall eint die Koalition beim Rauchverbot. In der Wirtschaftskammer sind SPÖ und ÖVP aber weiterhin strikt dagegen.
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Wien. Rund 14.000 Menschen sterben jährlich an den Folgen des Rauchens. Der am Samstag an Lungenkrebs verstorbene Aufdecker-Journalist Kurt Kuch ("News") sticht deswegen so deutlich aus der Statistik heraus, weil er seinen Kampf gegen Lungenkrebs über sämtliche medialen Kanäle mit dem Kampf gegen das Rauchen verknüpfte.
Er setzte sich bis zum letzten Atemzug für die Kampagne "Don’t smoke" ein. Deren zentrale Forderung lautet: "Ein umfassender Nichtraucherschutz - durch ein Rauchverbot in allen der Öffentlichkeit gewidmeten Innenräumen, die auch von Nichtrauchern genutzt werden."
Rot (fast) für Rauchverbot
Österreich zählt zu einer der letzten Raucherbastionen in Europa - mit der Lizenz zum Rauchen in Lokalen unter 50 Quadratmetern und getrennten Bereichen bei größeren Gaststätten. Zwar traten Politiker schon bisher für ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie ein. So findet sich auf der Unterstützerliste von "Don’t smoke" Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), die vor 14 Jahren mit dem Rauchen aufhörte; Parteikollegin und Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser trat mit dem Vorhaben an, Lokale bis 2018 rauchfrei zu machen; SPÖ-Klubchef Andreas Schieder meint zum Rauchverbot: "An uns wird es nicht scheitern." Gescheitert sind Vorstöße bisher an der Wirtschaftskammer. Doch ausgerechnet deren langjähriger Generalsekretär-Stellvertreter schwenkt nun um. Die Rede ist vom Wirtschaftsminister und neuen ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner. In einer Reaktion auf Kuchs Tod meinte er via Nachrichtendienst Twitter: "Rauchfreie Lokale ja. Wir brauchen Finanzierung für Betriebe, die in Abtrennung Raucher/Nichtraucher investiert haben." Oberhauser hatte als Kompensation für die Wirte bereits im Vorjahr verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten für betroffene Gastronomen in Aussicht gestellt. Einer gemeinsamen Regierungsinitiative von ÖVP und SPÖ steht somit nur noch eine starke Bastion gegenüber: die Wirtschaftskammer. Sie vertritt die Gastronomen, die um ihre Existenz fürchten. Und hier passt kein Blatt zwischen roten und schwarzen Kämmerern.
Am Dienstag meint der Sprecher von Wirtschaftskammer-Präsidenten Christoph Leitl, der auch Präsident des ÖVP-Wirtschaftsbundes ist, zur "Wiener Zeitung": "Wir sehen keinen Grund für eine Änderung und halten am Gesetz fest. Es hat sich bewährt." Sein rotes Pendant, der Vizepräsident der Kammer, Christoph Matznetter, sagt auf Anfrage: "Die Wirte haben in die Trennung Nichtraucher und Raucher investiert und eine konfliktfreie Situation geschaffen. Das ist in einem Tourismusland wie Österreich nicht das Schlechteste."
Auf Debatten über eine Abkehr vom Njet durch Entschädigungen für Gastronomen will sich der Leitl-Sprecher gar nicht einlassen. Im Februar wird in der Kammer gewählt. In der Sparte Gastronomie wäre ein bloßes Kokettieren mit einem Rauchverbot ein Stimmenkiller. Die Neos, die als "Unos" erstmals bei der Kammerwahl antreten, sind gespalten.
"Ich presche nicht vor mit Verboten. Ich glaube an Eigenverantwortung der Menschen. Den Anlassfall Kuch zu nehmen, ist nicht der richtige Weg", sagt Neos-Wirtschaftssprecher und Hotelier Sepp Schellhorn. In seinen Lokalen herrsche zwar mehrheitlich Rauchverbot, sagt der Ex-Raucher. Er hält die bestehende Lösung aber für praktikabel. "Wenn wir das jetzt komplett verbieten, was kommt dann als Nächstes, was wir zu unterlassen haben?"
Anders der Gesundheitssprecher der Neos, Gerald Loacker: "Die 2009 in Kraft getretene Regelung, dass Lokale ab 50 Quadratmeter in einen abgetrennten Raucherbereich investieren oder gänzlich rauchfrei sein müssen, während kleine Betriebe das Rauchen überall gestatten können, war von Anfang eine ,Murkslösung‘, die weder Rechtssicherheit brachte, noch zukunftsfähig war", plädiert er für "eine klare und verbindliche Lösung", sprich ein generelles Rauchverbot.
Klar auf die Seite der Raucherlokale stellt sich die FPÖ. "In Österreich muss es doch möglich sein, ein gedeihliches Nebeneinander von Rauchern und Nichtrauchern in der Gastronomie zu ermöglichen. Wenn der Bedarf von Nichtrauchern tatsächlich so groß wäre, ein eigenes Nichtraucherlokal aufzusuchen, dann würde sich das wirtschaftlich durchsetzen", sagt FPÖ-Generalsekretär, Harald Vilimsky. Das sei aber nicht der Fall. "Gäste bleiben aus und es entstehen enorme wirtschaftliche Schäden. Jetzt vielen Wirten nach ihren sündteuren Adaptionen an die aktuelle Gesetzeslage den Todesstoß zu versetzen, ist absolut inakzeptabel und muss verhindert werden."