· Während die italienische Regierung in Rom in einer Stellungnahme darauf hinwies, dass weder der Regionalrat der Region Friaul-Julisch Venetien noch der Triestiner Bürgermeister Riccardo | Illy FP-Chef Jörg Haider zu einem Besuch in dem Triestiner KZ Risiera di San Sabba eingeladen haben, meinte der Präsident der Region Friaul, Roberto Antonione, dass man FPÖ-Chef Haider den Besuch des | Konzentrationslagers Risiera di San Sabba bei Triest nicht verbieten sollte.
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"Ich habe Haider zum Besuch des Konzentrationslagers nicht eingeladen. Sollte Haider aber mit einer eklatanten Geste seine Reue für die Aussagen der Vergangenheit bekunden, wäre es ein
Fehler, ihm dies zu verbieten. Ich denke oft an die Parabel des verlorenen Sohnes," meinte Antonione, der der Berlusconi-Partei Forza Italia angehört.
Das in einer 1913 noch unter österreichischer Herrschaft gebauten Reisfabrik untergebrachte KZ Risiera di San Sabba wurde im Spätherbst 1943 eröffnet, nachdem Italien einen Waffenstillstand mit den
Alliierten geschlossen hatte und Norditalien als "Adriatisches Küstenland" dem Gauleiter von Kärnten, Friedrich Rainer, unterstellt worden war.
Zur Partisanenbekämpfung kam damals der 1904 als Sohn einer österreichisch-kroatischen Familie in Triest geborene Odilo Globocnik in seine Geburtsstadt. Er war während seiner NS-Karriere Gauleiter in
Kärnten und Wien gewesen und als Leiter der "Aktion Reinhard" für den Mord an rund 2 Millionen Juden in Polen verantwortlich.
Mit sich brachte Globocnik seine Vertrauten, die seit den Euthanasiemorden ab Kriegsbeginn eine blutige Spur durch Europa gezogen hatten. Erster Kommandant der als "Polizeihaftlager" geführten
Risiera di San Sabba war Christian Wirth, der seine Mordkarriere in den Euthanasieanstalten Grafeneck, Hadamar und Hartheim begonnen und in den Vernichtunggslagern Belzec, Sobibor und Treblinka
fortgesetzt hatte. Nachdem Wirth 1944 bei einem Einsatz gegen Partisanen ums Leben gekommen war, wurde er durch August Dietrich Allers und schließlich von Joseph Oberhauser ersetzt, die beiden
ebenfalls seit den Euthanasiemorden am SS-Vernichtungsprogramm beteiligt waren.
Zum SS-Mordteam gehörten u. a. auch noch der ehemalige Kommandant des Vernichtungslagers Treblinka, Franz Stangl, Georg Wilhelm Michalsen, der sich in den Augen der SS Verdienste bei der
Niederschlagung des Warschauer Ghettoaufstandes erworben hatte, und der Krematoriumsspezialist Erwin Lambert.
Nach verschiedenen Quellen kamen in der Risiera von San Sabba zwischen der Einrichtung des Lagers im Oktober/November 1943 und der Befreiung am 29. April 1945 zwischen 5.000 und 8.000 Menschen ums
Leben. Widerstandskämpfer aus Norditalien, Slowenien und Kroatien, sowie Juden wurden in Mini-Zellen gefangengehalten, gefoltert, um Geständnisse zu erpressen, in Gas-LKW ermordet oder erschlagen und
im eigens dafür eingerichteten Krematorium verbrannt. Zwischen 10.000 und 15.000 Menschen wurden von San Sabba in andere Lager deportiert. Nur etwa 30 bis 40 Personen erlebten in San Sabba die
Befreiung.
Erst 1976, als die meisten Täter schon gestorben waren, fand in Triest ein Prozess statt, bei dem der letzte Kommandant Oberhauser in Abwesenheit zu lebenslänglicher Haft verurteilt wurde.